martin Skipper
Anmeldungsdatum: 05.11.2005 Beiträge: 392 Wohnort: Europa
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Verfasst am: 04.02.2006 19:13 Titel: Törnbericht Balearen Herbst 2005 |
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Mit freundlicher Genehmigung von www.yachtskipper.net
13.09.2005 Carloforte – Mahon/Menorca, 204 sm
Bei Windstille laufen wir aus. Kurs 61° Richtung Seezeichen. Dann um die Huk und 281° Richtung Menorca, 200 sm. Ich habe Mahon als Wegpunkt eingeben und schalte den Autopiloten auf Track. Nun brauche ich bis Menorca nichts mehr zu machen, sollte automatisch hinfahren.
Der DWD hat für die Strecke drei Windzonen angegeben, aus nördlicher bis nordöstlicher Richtung. Zuerst 4-5, dann 3-4, dann vor Menorca wieder auffrischend. Keine idealen Motorbootbedingungen, aber machbar.
Der Wind nimmt zu, die See wird rauer. Weiterfahren oder umdrehen? Wir stimmen ab, Moni und Gerhard, unser Freund, der für ein paar Tage zu Besuch ist, enthalten sich der Stimme, d.h. Entscheidung des Kapitäns, sehr einsame Entscheidung. Wenn ich weiterfahre ärgere ich mich, wenn ich umdrehe erst Recht.
Also letzte Entscheidung noch etwas vertagt. Noch ein paar Meilen abwarten. 2 m See von der Seite, 20-30 kn Wind. Aber „Lady M“ kann noch 24-26 kn Speed halten. Reichlich Wasser kommt über, das Cockpit gleicht einer Badewanne.
Also gut. Wagen wir es. Überfahrt!
„optimale Bedingungen für eine lange Überfahrt“
„This is Cagliari Radio für Gale Waring“, auch das noch. Überall Gewitter. Alle halbe Stunde diese Meldung nervt doch etwas.
100 sm geschafft, 100 liegen noch vor uns. Point of no Return.
Dann endlich etwas weniger Seegang, nur noch 26 kn Wind. Die Verschnaufpause dauert nur leider nicht lange. Die Instrumente zählen runter, 4 Stunden, 3 Stunden bis zur Ankunft. Kann ganz schön lange werden. Mir fällt ein, dass vor Korfu schon mal eine Maschine stehen geblieben ist.
Endlich kommt nach fast acht Stunden äußerst unbequemer Fahrt Mahon in Sicht.
Wir steuern in die große Bucht, drehen eine Runde vor dem Club Marittimo – piiiiieeep – die rechte Maschine bleibt stehen, springt aber gleich wieder an.
Am Sunseekersteg werden wir freundlich empfangen, bekommen einen Superplatz, direkt vor den Lokalen.
Jetzt erst mal ein Bier! Das schmeckt! Und gleich noch eines!
Ich sehe die Sunseekerleute Boote waschen. „Are you looking for a job?“ Am nächsten Tag waschen zwei junge Damen “Lady M” professionell von oben bis unten - sie strahlt wieder – das hat sie sich auch verdient. Und wir genießen den Luxus, mal nicht selbst putzen zu müssen...
Eine Runde Golfspiel am nahegelegen Golfplatz. Zwar sind nur 14 Löcher fertig, es macht uns aber trotzdem einen Riesenspaß. Kleiner Zwischenfall auf dem WC: Ein Engländer trommelt an die Tür, ich soll sofort rauskommen, er hat seine Tasche drinnen stehen lassen. Ich antworte ihm, „sowie ich fertig bin“. „Nein sofort“. Ich „nein, das geht jetzt nicht, ein paar Minuten, dann gerne“. Er trommelt unaufhörlich an die Tür, haut mit den Füßen dagegen und hört nicht auf. „I am in a hurry“, schreit er und trommelt, bis ich komme. Nicht zu glauben. Ich habe wie schon oft den Eindruck, dass die Engländer zwar den Begriff „Fair Play“ erfunden haben, sich selbst aber wenig daran halten, auch nichts von Golfetikette halten. Sie benehmen sich auf dem Platz als wären sie alleine, halten alle auf, schreien rum, lassen beim Ballsuchen nicht durchspielen, etc.
Es ist schön, wieder in Mahon zu sein, das klare Licht, die Farben fast wie in Griechenland. Und gute Lokale gibt´s auch en masse – was wollen wir mehr? Dazu herrscht wenig Betrieb. Von den Spuren der Flutwelle vor ein paar Jahren sieht man nichts mehr, außer dass jede Menge Liegplätze und Schwimmstege neu entstanden sind.
Mahon
16.09.2005 Mahon – Addaya, 16sm
Addaya ist ein tiefer Einschnitt im Norden Menorcas, ein Hurricanhole, super geschützt und landschaftlich traumhaft schön. Einer unserer Lieblingsplätze.
Starkwind mit bis zu 10 BFT ist angesagt und den wollen wir dort abwarten - aber andere wohl auch. Die Bucht ist fast so voll, wie der Starnberger See am Sonntag. Nein, so wollen wir nicht ankern. Wir haben nicht Sorge, dass unser Anker nicht hält, der 52 kg Bügel hat sich bewährt. Die anderen Boote aber, die sich oft so dicht neben einen legen, haben und schon oft Probleme bereitet.
Anruf auf CH 09 an Port Addaya - sie haben tatsächlich einen schönen Platz am Außensteg für uns. Eine netter Marinero weist uns ein, wir liegen bestens an zwei Murings, der Nordwind kommt von achtern.
Das letzte Mal waren wir 2001 in Addaya und sind erstaunt über die rasante Entwicklung. Aus den ehemaligen Behelfsstegen ist eine richtige kleine Marina geworden. Professionell, mit Werftbetrieb. Nur die vielen Ferienhäuser, „Einheitsferienschachteln“, die um die Marina gebaut wurden, beginnen so langsam den Charakter dort zu zerstören.
Mit dem Beiboot fahren wir in den kleinen Ort Macaret. Hier scheint die Welt stehen geblieben zu sein. Alles wie vor Jahren. Ruhig und beschaulich um diese Zeit. Keine Neubauten.
Port de Addaya
Einfahrt in die Bucht
V o r h e r s a g e vom Sa 17 Sep 2005 06 UTC
40.27N 04.64E 40° 20'N 4° 40'E
Datum Zeit Wind Temperatur Luft- Bedeckung Wetterverlauf & Böen
Richt. Bft Luft/Wasser druck der letzten 6 Std.
Sa.17 06 UTC NE 5-6 22 25 1007 bedeckt 6-7
Sa.17 12 UTC N 7-8 20 25 1006 bedeckt Regen 10
Sa.17 18 UTC N 7-8 21 25 1009 wolkenlos 9-10
So.18 00 UTC N-NW 7 19 25 1013 wolkenlos 9
So.18 06 UTC N 6-7 18 25 1014 wolkig 8-9
So.18 12 UTC N-NW 6 18 25 1017 wolkenlos 7-8
So.18 18 UTC NW 7 21 25 1017 wolkenlos 8-9
Mo.19 00 UTC N-NW 7-8 22 25 1019 wolkenlos 8-9
Mo.19 06 UTC N-NW 6 21 25 1019 wolkenlos 8-9
Mo.19 12 UTC NW 5 21 25 1020 wolkenlos 6-7
Mo.19 18 UTC N-NW 3-4 21 25 1018 wolkenlos
Di.20 00 UTC N 3-4 21 25 1018 wolkenlos
S E E G A N G
Datum Zeit Windsee Dünung Gesamt-
Richt. Höhe Per. Richt. Höhe Per höhe
[m] [s] [m] [s] [m]
Sa.17 12 UTC N 3.0 6 SW 0.5 7 3.0
Sa.17 18 UTC N 4.0 8 W-SW 1.0 9 4.0
So.18 00 UTC N-NW 4.5 9 NW 1.0 11 4.5
So.18 06 UTC N 4.0 9 N-NW 2.0 1 4.5
So.18 12 UTC N-NW 2.5 7 N-NW 2.5 10 3.5
So.18 18 UTC NW 2.5 7 N 1.5 10 3.0
Mo 18 00 UTC N-NW 3.0 7 N 1.0 9 3.0
Mo.19 06 UTC N-NW 2.5 7 N 1.5 9 3.0
Mo.19 12 UTC NW 0.5 4 N-NW 2.0 8 2.0
Mo.19 18 UTC N-NW 0.5 3 N-NW 1.5 7 1.5
Di.20 00 UTC NW 0.5 3 N 1.0 6 1.0
Am Morgen, fast auf die Minute vorhergesagt, fängt es zu stürmen an. Und es regnet, dass man die Bucht nicht mehr sehen kann. Totale Dunkelheit. Weltuntergangsstimmung.
„Strong Gale Warning“ über Navtex. Menorca Radio gibt eine Securite Meldung ab: Der Hafen von Mahon wurde geschlossen.
In der Marina herrscht eine nette, familiäre Atmosphäre. Jeder grüßt jeden, man kommt schnell ins´s Gespräch, sofern dies die kurzen Regenpausen zulassen.
Wie überall auf Menorca sind auch hier vorwiegend Engländer und entsprechend ist das kulinarische Angebot. Das Restaurant Addaya geht so einigermaßen, wir bevorzugen aber doch die Bordküche mit dem breiten kulinarischen Angebot von Königsberger Klopsen (eine meiner Leibspeisen) bis hin zur Pasta mit Thunfischsoße (eher was für Moni).
Ausgedehnte Spaziergänge in dicken Regenjacken, Carachillo trinken in der kleinen Hafenbar, irgendwie gehen die Tage schon rum. Der 18. September wird leider überschattet von dem Wahlergebnis, das zu heftigen Diskussionen mit unseren Freund Gerhard führt, den wir nur noch „Rote Socke“ nennen.
Der Wind lässt am Di langsam nach, aber der Seegang braucht noch einen Tag, ehe er sich beruhigt. Zu lang ist der Fetch, d.h. die Anlaufstrecke, auf der er sich aufbauen kann.
21.09.2005 Addaya – Fornells, 8 sm
Bei noch immer 1,5 m Restdünung ohne Wind schaukeln wir die paar Meilen in die große Bucht von Fornells.
Fornells
Fornells ist nicht nur ein sicherer Ankerplatz, sondern auch für seine Fisch- und Hummerlokale bekannt.
Die Bucht ist mittlerweile voller Bojen. Öffentlich oder privat, wir können es nicht feststellen und suchen uns eine, die einigermaßen vertrauenswürdig aussieht. Zu Not müssen wir halt umlegen.
Wir schwimmen mal wieder (zumindest manche), lesen, genießen das Nichtstun in der Sonne. Bald schon haben wir Hunger und für Spanien unüblich gehen wir um 19:00 Uhr essen. Um diese Zeit erwischen wir natürlich das Tourilokal Nr.1. Essen und Preise sind eine Frechheit, die Ober arrogant, die Vorspeisen werden vergessen. Wir beschließen wieder einmal, in solchen Orten nicht essen zu gehen.
22.09.2005 Fornells – Ciutadella, 23 sm
Bei optimalen Bedingungen tuckern wir gemütlich mit 14 kn entlang der landschaftlich wunderschönen Küste nach Ciutadella. Vor der Hafeneinfahrt sind die Kontrollleuchten auf Rot, d.h. Einfahrt verboten. Aber nichts tut sich.
Ich funke den Port Control an, keine Antwort – also fahren wir mal rein. Kaum um die Ecke kommt schon ein Schlauchboot der Hafenbehörde angedüst, wir müssen wieder umdrehen, die Fähre läuft aus.
Wir warten also, bis die Lichter erlöschen und wir einfahren können. Ganz hinten vor den Restaurants finden wir wie erwartet keinen Platz, wir gehen längsseits an den Club Nautico, wo man gut liegt, aber Schwell von den vorbeifahrenden Booten abbekommt, vor allem von der Berufsschifffahrt. Die düsen vorbei in einer selten rücksichtslosen Art. Besonders die großen Schnellfähren geben schon im Hafen schon richtig Gas.
Einfahrt Ciutadella
Später kommt eine Segelyacht des Typs Nordia 55 und bittet längsseits gehen zu dürfen, was wir natürlich sofort erlauben. Die Yacht macht einen runtergekommenen Eindruck, die Leinen wie Drahtseile, das Teak vergammelt. Auch die Crew scheint sehr unerfahren zu sein, Landleinen ausbringen war ein Fremdwort. Sie hängen sich voll an unsere Klampen, um die ich bei dem Schwell schon fürchte. Meine Bitte, doch die Schuhe auszuziehen, wenn sie vom Landgang zurück kommen und über unser Boot laufen wird kommentiert mit den Worten „Üblich ist das nicht“. Unser Vordeck sieht aus zum Grausen.
22.09.2005 Ciutadella/Menorca – Cala D´Or/Mallorca, 47 sm
Herrlichstes Motorbootwetter, Sonnenschein, Windstille - wir genießen die Fahrt nach Mallorca in unseren Heimathafen. 3,5 Stunden, die schöner nicht sein können.
Von Mallorca aus hatten wir begonnen, das Mittelmeer zu umrunden. Zunächst den westlichen Teil bis Gibraltar, dann den östlichen ausgehend von Slovenien. Mit Ausnahme von Nordafrika haben wir nun so ziemlich alle Anrainerländer besucht. Der Kreis schließt sich hier für uns. Knapp 2.500 sm liegen alleine seit unserer Abfahrt aus der Türkei im April hinter uns und wir freuen uns, wieder hier zu sein. Es ist für uns wie heimkommen.
Natürlich gehen wir sofort in unser langjähriges Lieblingslokal „Botavara“ essen. Es ist wie früher, kleine kostenlose Tapas, Oliven und ein gutes Essen. Der Fisch im Salzteig ist einsame Spitze.
Wir fühlen uns im Hafen gleich wieder wohl. Der richtige Platz zum Überwintern.
Ein paar Tage bleiben wir im Hafen, dann zieht es uns doch wieder hinaus. Für zwei Tage fahren wir nach Cabrera, genießen noch mal die herrlicher Bucht. Das Wetter spielt leider nicht lange mit. Nachts haben wir Wind und Seegang aus unterschiedlichen Richtungen. Wir rollen ganz schön an unserer Boje.
Doch dann ist unser Törn wirklich zu Ende und wir fliegen mal wieder heim.
Es war wieder eine tolle, weitgehend reibungslose Tour mit so gut wie keinen Schäden.
Schäden auf der Reise:
- Wellendichtung tropft, war gerade in Vibo erneuert worden, wird von Ferretti ersetzt
- Ein Radar/Chartplotter schaltet immer selbst aus
- Einige Lampen
- El. Schalter für Duschwasserabsaugung
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