fetznfliaga Skipper
Anmeldungsdatum: 06.03.2006 Beiträge: 260 Wohnort: Wien
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Verfasst am: 08.11.2007 16:40 Titel: Absegeln auf österreichich oder Segeln in Demokratien |
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Absegeln auf österreichisch
oder
Segeln in Demokratien
Segelroman in exakt mehr als tausend Worten
DAS GANZE IN KÜRZE: Gesegelt sind wir dazwischen auch.
PROLOG: (Eine kritische, logische, aber nichtmethodische Abhandlung über eine fehlgeschlagene Schlußfolgerung in Anwendung eines modernen Modewörtchens):
Segeln ist eigentlich nur eine Lebenseinstellung und keine Lebensphilosophie. Warum? Weil sich Segeln weniger mit einem kritischen Exkurs über das rationale Denken beschäftigt, sondern viel mehr mit der angewandten Praxis der epikuräischen Genußsucht vergleichen läßt. Und weil eben die meisten Segler im Urlaub sozusagen „vom Denken“ Urlaub machen wollen, als, daß sie sich mit der methodischen Reflexion des kritischen Denkens auseinandersetzen wollen, insbesondere wenn es darum gilt, die Genußsucht zu verherrlichen. Aber sehr wohl kann jeder Mensch eine eigenständige Meinung und/oder eine schwer nachvollziehbare Einstellungen zu allen wichtigen Fragen des Lebens haben. Das beste ist ja immer noch die unverstandene Firmenphilosophie (und –ideologie). Als ob jemand bei der Arbeit denkt. Eine sogenannte recht beliebte angewandte und gerne propagierte Arbeitsphilosophie ist ja, daß man besser nicht denkt und dafür schlechter entlohnt wird. Denn je mehr man denkt, desto höher könnte die ungeplante Destruktivität im Falle der geplanten Produktivität ausfallen. Das ist eben das fatale Ergebnis einer nicht ganz ernst zu nehmenden, antilogischen Philosophie.
EINE KURZE VORGESCHICHTE:
Angefangen hat es mit einer Wettfahrt zum Katamaransegeln. Das erste Mal habe ich es geschafft, unter 5 Stunden von Wien in die Segelhauptstadt des Segelreichs, Sukosan, zu tuckern. Trotz moderner Tankstops dauert es eine nahezu endlos lange Zeit, bis man ankommt. Zu meiner Rechten saß ja Kapitän Gasfuß, den wollte ich dann doch nicht enttäuschen. Wie gesagt, nahezu endlos lange dauerte der Weg bei so einem Schneckentempo. Aber danach entschädigt eine langwierige Hotelsuche für die gewonnene Zeit. Wie gewonnen, so zerronnen, da das Boot erst am nächsten Tag bezugsbereit war. Einchecken, Schiff kennenlernen, Ablegemanöver. Mit Profis segeln, das ist so ganz nach meinem Geschmack. Bora nützen, daß man schnell nach Starigrad fliegt mit einem Katamaran, da lacht das Herz. Abstecher in Brac und Omis lassen selbst erfahreneSegler- und Piratenherzen höher schlagen. Danach habe ich den Kat dann doch wieder links liegen gelassen. Und bin wieder auf einen Monohull umgestiegen.
DIE UNSRIGEN:
Als promo(ti)vierter Flautensegler bin ich gleich danach wieder auf große Fahrt gegangen. Das erste Problem stellt sich schon vor dem Ablegen: Wie motiviere ich - im Gegensatz zu Kolumbus - meine Crew so, daß sie mich auf Entdeckungsfahrten jenseits aller Landsichten in all den langen Herbstnächten begleitet. Die Antwort ist einfach. Als seedressierter und nicht-beratungsresistenter Schiffsmanager muß ich „proaktiv“ agieren, also gleich im Voraus - sozusagen - „promotivieren“. Deswegen bin ich „promovierter“ Schiffsmanager, welches einem ISO-Zertifikat für besondere soziale Kompetenz zwar nicht ganz gleich, aber schon sehr nahe kommt. Dieses Zertifikat bekommen keine Pleitengeier und zweifelhafte Verunsicherungsanstalten, sondern nur hochseriöse, langjährig ausgebildete Schiffsmanager - die sich von Schifferlversenkern und anderen Abkassierern der Massengesellschaft sehr unterscheiden - verliehen. Es bedingt auch ganz besondere Bedingungen für die Mannschaft. Ein Captn’s Dinner am ersten Abend reißt die ganze Crew in eine Aufbruchsstimmung sondergleichen und danach zumindest in eine tiefe Lethargie, sodaß zumindest der Aufbruch in die unbekannte See gewagt werden kann.
Mit dabei waren meine alten Bordgenossen, der Seekönig von Biograd (Le mer c'est moi), Käpt’n Blauauge und zum ersten Mal als Schrecken aller Meere und Garant für stürmische Seen, der eiserne Flagoffizier Red Bull. Obwohl wir nicht schon am ersten Abend untergegangen sind, hat uns doch am nächsten Tag eine Circe an Bord der Pegasus etwas länger als geplant bezaubert und an Land gehalten. Abgelegt haben wir dann mit Motorschaden und Kopfweh, aber eine gute Mannschaft umschifft auch solche Landtücken.
LEINEN LOS:
Dann die Wonne eines herrlichen Segeltages. Wir schaukeln friedlich in den Wellen einer Flaute mit Ziel unbekannt dahin, als sich das elektronische Navigationsmodul verabschiedet. Navigationsmäßig hat danach auch die Vektorrechnung gestreikt und damit war unser Kurs wieder rund. Ein einziger, aber kleiner Nachteil unserer Kaperfahrt war, daß uns ein Tanker entkommen ist, obwohl wir einen strikten Kollisionskurs eingehalten haben. Nichtsdestotrotz sind wir in eine Nacht voller ungewisser Abenteuer gesegelt, wie damals vor Jahrtausenden die Argosfahrer. Nach navigatorischer Meisterleistung haben wir das meistbesuchte Revier aller Segellegenden und quasi den 8. Kontinent entdeckt: Das T……..revier.
Nach langer Fahrt wird man aber doch sentimental und es kommen Gedanken an längst vergessene Länder auf. Kakanien, das legendäre Reich des Robert Musil, Tarockanien, das phantasiebeflügelnde Reich vom Maskenspiel der Genien mit 2 roten und 2 schwarzen Königen samt Styx (bekannter in der deutschen Fassung als G’stieß) und eben der Traum vom legendenumwobenen, aber immer noch unbekannten Demokratien. Alles Reiche einer zwar geschichtsbehafteten Phantasie, aber dennoch Reiche der Sehnsucht und einer individuell projektierten, hochstilisierten, aber leider letztendlich dann doch nur idealisierten Erinnerung an untergegangene Reiche. Wobei Demokratien ein noch unbekanntes Gefilde jenseits aller literarischen Schöpfungen ist, und erst nach langwierigen Erkundungsfahrten der republikanisch-demokratischen österreichischen Gebirgsmarine am Ende des Horizonts ein Dunstschleier einen Blick auf die dahinterliegende Ideologie sich erahnen ließ. Ebendiese Sehnsüchte mit allen erdenkliche Träumen eines gelobten Lands, das Versprechen des Landgangs in elysäischen Gefilden, das Seeparadies "an sich", das Eintauchen in die tiefsten Fahrwässer der kühnsten Phantasien ließen verschworene Gemeinschaften an einsamen, aber tapferen Seglerherzen nie daran zweifeln, das gelobte Demokratien zu finden. Auf Kreuzkurs nach Outremer, in ein anderes Meer eben.
Und da wären wir schon bei einem kurzen Exkurs ins Politische.
EXKURS NACH DEMOKRATIEN
3 Schwarze und ein Roter ergeben als Besatzung bzw. 1:1 Farbbesetzung die paritätische Kommission mit etwas antidemokratischer Zusammensetzung aber in Zweifelsfällen mit totaler Mehrheit. Das ist an Bord als die Steigerung des Superlativs von einstimmigst und als „100% sicher beschlossen“ interpretiert worden und setzte die alten, fast unumstößlichen Gesetze der Seefahrt außer Kraft:
1) Der Kapitän hat immer recht.
2) Wenn der Kapitän unrecht hat, tritt §1 in Kraft.
Damit war Divergenzen endgültig der Boden entzogen und somit war Sozialpartnerschaft und Proporz wie in alten Tagen angesagt. Waun a Rota mit an Schwoaz‘n segelt, daun gibt’s a schwoazes Schiff mit roter Küche. Waun 3 Schwoaze putz’n, daun streikt der Rote.
Wie sagt man so schön: Als ich ihn als Gemeinderat wählen wollte, stand er nicht mehr auf der Liste.
Damit also weg von der idealisierten Demokratie in unbekannten Gewässern, dem sagenhaften Atlantis der Adria, weg von der christlichen Seefahrt in Demokratien zurück zur Tagespolitik. Manche enttäuschte Seefahrer meinen, daß Demokratien zu Unruf ein verheißenes Revier ist. Stattdessen sei es ein bis ins letzte Eck kommerzialisiertes Revier mit überhöhten Preisaufkommen. Diesen Unkenrufen können wir getrost widersprechen. Als Kavaliere der alten Schule wissen wir, daß Blumen Wunder bewirken. Tja, besonders, wenn es mal ein Ungeschick in der Pantry zu beheben gibt.
PIRATENFAHRT:
Das Problem, nicht nur live dabei zu sein, sondern regelrecht mitten drinnen zu sein, haben wir spätestens mit dem 2. Kriegsbier behoben. Dann waren nicht nur inmitten eines Regattafeldes eingeschlossen, nein, wir fuhren sogar eine Wende hetzten das ganze Regattageschwader vor uns her. Unglaublich, wie schnell die dann geworden sind. Unsere neue Segeldevise war: Mittendrin statt nur live dabei.
EPILOG:
Auf der Messe sehen wir uns wieder. Und bis zur endgültigen Fassung dauert es noch ein bißchen. Oder es gibt eine Fortsetzung. Vielleicht unterstreich ich es noch mit Bildern.
Liebe Grüße,
Michael
P.S.: Wenn's Euch g'fall'n hat, dann drückt's bitte auf den Danke-Button.
_________________ Segeleuphorie statt Midlife-Crisis. |
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