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Der neue Look des Fetznfliaga – Ein Törn am Trockendock



 
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fetznfliaga
Skipper


Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 260
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 25.04.2008 16:09    Titel: Der neue Look des Fetznfliaga – Ein Törn am Trockendock Antworten mit Zitat

Der neue Look des Fetznfliaga – Ein (Schreib)-Törn am Trockendock

Logbuch des sprachlichen Schreckens über Anglizismen und anderen Formen der Schlechtschreibung (Teil 1) Cool

Der korrekte Zweittitel wäre „Ein Plädoyer für die alte Rechtschreibung“ gewesen, aber das verkauft sich nicht so gut. Es wäre marketingmäßig einfach zu schwach, gibt – salopp formuliert - zu wenig her, wird zu wissenschaftlich gesehen bzw. zu juristisch angehaucht betrachtet, und ist somit mit trockener Nüchternheit assoziiert und zu guter Letzt zu wenig sensationsheischend.

Anmerkung: Manches ist alt und aufgewärmt (bzw. kalt und abgedroschen), aber einiges ist vielleicht doch originell (und vielleicht auch aktuell).


Stört Sie eigentlich auch, daß man Schiffahrt mit 3f, also ausgeschrieben mit fff liest und tun ihnen hintennach die Augen weh? Man sagt Schiffahrt und schreibt Schifffahrt. Oder haben sie schon jemanden gehört, der Schiff-Fahrt sagt. Nicht einmal die Schlechtschreibpuristen sprechen es so deutlich aus. Oder finden sie es vielleicht logisch, daß man anders spricht, als man zu schreiben hat. Oder können Sie einem Italiener erklären, was eigentlich Spa-„tsch“-etti sind? Und warum ein Chianti ein Chianti bleibt und nicht zu einem „K“-ianti wird? Interessiert Sie das „überhaupt“? Oder das fehlende Genetiv-„S“ in der Überschrift? Beklagen Sie eigentlich die neue Rechtschreibschwäche seither? Diese neue Schlechtschreibweise?

Wenn nein, dann ist dieser Artikel nicht für Sie bestimmt. Denn dann stört Sie grammatikalisch auch nicht der Begriff „am Trockendock“. Genauso wenig wahrscheinlich, als ob etwas „am Boden“ liegen könnte. Nun dann suchen Sie einmal etwas, daß „an dem Boden“ liegen könnte. Ganz abgesehen davon, daß Sie erst in Ihrem Haus Bohrungen vornehmen müßten, um wirklich seitlich zum Boden, also wortwörtlich an den Boden kommen zu können. Nehmen wir als an, Sie haben dieses Loch in den Boden gebohrt. Ein Gegenstand wird dann erst recht nicht „am“ Boden haften, denn die Schwerkraft wird diesem Gegenstand in unserem physikalischen Weltbild eine unwiderstehliche Anziehungskraft entgegensetzen, sodaß ebendieser Gegenstand nur Bruchteile einer Sekunde an dem Boden, sprich „am“ Boden bleibt. Also, bleiben wir besser nicht am Boden, wenn wir uns von unserer Phantasie beflügeln lassen, denn sonst ist der Absturz „durch“ die Schwerkraft vorprogrammiert. Welcher eigentlich? Der der Phantasie oder gar der sprachliche? Und wie bewerkstellige ich es eigentlich, daß jemand durch die Anziehungskraft angezogen wird. Muß da erst die Raumzeit nicht windungsfrei - mathematisch und logisch möglich, physikalisch experimentell noch nicht beobachtet - gekrümmt sein, damit man durch die Anziehungskraft gezogen wird oder betrachtet man es als ausreichend, wenn man nur angezogen ist. Also ziehen sie sich warm an, wenn sie einmal nicht aufgrund der Schwerkraft sondern „durch“ die Schwerkraft angezogen werden. Es könnten Reisen in so exotische galaktische Phantasiegebilde wie schwarze Löcher, weiße Löcher, Wurmlöcher, singuläre Zeiterscheinungen, und andere nette, Teilchen rasant beschleunigende Raumzeiterscheinungen inbegriffen sein. Kosmogalaktische Achterbahn eben. Oder sie könnten Ihren Boden anstatt waagrecht einmal senkrecht verlegen. Wäre eine Möglichkeit, würde ein Phlegmatiker als maurer behaupten. Den Choleriker als Baumeister möchte ich mir nicht vorstellen.

Damit wir nicht zu weit abschweifen, stellen wir uns einmal vor, wir befinden uns „am Schiff“. Wie stehen wir da? Genauer ausgedrückt: Wie stehen wir da eigentlich da? Also noch präziser formuliert: Stehen wir „da“ gerade oder benötigen wir eigentlich eine komplizierte Flaschenzugsvorrichtung, um seitlich an der Bordwand möglichst aufrecht, vielleicht nur ein bißchen gekrümmt stehen zu können? Oder probieren wir das „am Schiff“ stehen im Top des Mastes mit freier Fallmöglichkeit (diese wird übrigens erst in einem späteren Absatz mit raffinierter Finesse abgehandelt, nur der Genauigkeit halber)? Oder kann ich auf einem durchgekenterten Boot tatsächlich an dem Schiff stehen, zumindest an der Schiffswand?

Unglaublich wie viel Inhalt in dem Wörtchen „da“ steckt. Nur 2 (in Worten zwei) Buchstaben lang und trotzdem wird die „2“ schon als in Worten bezeichnet, obwohl eindeutig nur ein Wort, nämlich das Wort zwei, gemeint ist. Also zurück von der Abschweifung der Abschweifung, zurück zum Sinn des Wörtchens „da“. Es stimmt ja, in der genaueren Formulierung, denn da steht es geschrieben, in diesem einem Satz wird zweimal das Wort da verwendet. Aber was bedeutet jetzt das da? Warum steht es gerade dort „da“ und nicht gerade dort schief „da“? Vielleicht ist es manchmal wirklich angebracht, daß man mehr zweisilbige Wörter sinnbringend in Worten aneinandergereiht in Sätzen formuliert?

Also zurück zum Ausgangspunkt. Die Verwendung des Wörtchens „da“ erinnert sehr an die wienerische Verwendung des Wörtchens „was“. In Wien wird das Wort „was“ eigentlich mißbraucht. Sogar literarische Abhandlungen existieren darüber, in welcher der – allerdings grammatikalisch falsche – Gebrauch des wienerischen Wortes „Was“ am Satzanfang näher erläutert wird. „Was a sinnvoller Satz is, des bestimm i“. Das könnte man als Mustersatz verwenden, der bis dahin geht, daß es Auslegungssache ist, bis man bei „Was gesperrt oder gelöscht werden muß, bestimmt der Forumsadministrator“.

Auf gut deutsch – um eine sehr beliebte aber doch stark „slang“-elnde Redewendung zu gebrauchen – wird es dann in Foren würdelos. Aber eben nur das „wenn“ ist würde-los. Wenn ich sagen würde, ich würde eine Würde haben, dann setze ich zu einem stilistischen Tiefschlag der Extraklasse an. Wenn nicht zu einen Wort- und Rotschlag der deutschen Sprache aufgerufen wird, dan muß diese deutsche Würdelosigkeit mittels eines Notschlags gestoppt werden muß. Ein Tip mit Stopperqualität der exklusiven p-Anordnung. Und jetzt stop und zum nächsten Absatz.

Back to the roots of our deutschen language. Sie riechen schon den Braten. SIE SEHEN GANZ SICHER SCHON, WENN ICH ENGLISCH SCHREIBE UND DAS ALS ANGLIZISMUS DEUTE, WIRD DAS LESEN UM EIN VIELFACHES LEICHTER. ES LEBE DIE NEUE GROSZSCHREIBUNG, DENN ICH MACHE DESWEGEN ZUMINDEST AUSNAHMSLOS KEINE RECHTSCHREIBFEHLER MIT DER KLEINSCHREIBUNG, PARDON GROSZ- UND KLEINSCHREIBUNG. ALS ENTSCHULDIGUNG FÜHRE ICH EINFACH AN, DASZ BEI MIR DIE SHIFT-TASTE KLEMMT. Und so verstehe ich auch unsere Anglizismen. Wenn ich auf englisch nicht weiter weiß, verwende ich zwischendurch ein deutsches Wort uns erspare mir langes Nachdenken ebenso wie das Betätigen der Shift-Taste, welche in einer rein englischen Ausführung des obigen ersten Satzes dieses Absatzes fälschlicherweise -oder verkehrtherum verkehrt, als doppelte Negation dann erstaunlicherweise richtigerweise - gedrückt hätte werden müssen. Denn „German“ schreibt man seltsamerweise auch als Adjektiv auf englisch groß. Da kann gar nicht groß genug betont werden, wie wichtig hier ein korrektes Deutschtum für eine einfachere Tastaturbetätigung sein kann. Vulgär formuliert. Nua ned auf die Schifftaste schiffen. Damit wären wir wieder beim (Thema) Schiff und nicht „am“ Schiff.

Von Fall zu Fall gehören Anlegemanöver bekanntlich zu den schwierigsten Unterfangen der nautischen Seemannschaft. Einfache Fälle gibt es für angehende Freizeitskipper nicht, daher sollte man für alle Fälle auch auf den Untergang gewappnet sein. Schlimmstenfalls die Bootsnachbarn sollten sich für den Fall des Falles bereit halten und darauf achten, daß es nicht in jedem Fall auf alle Fälle krachen wird und nicht zum bekanntermaßen unerwünschtesten Fall der Fälle auch noch der grammatikalische Fall der Fälle eintritt. Nämlich der Untergang eines speziellen Falles. Daß der Dativ dem Genetiv sein Tod ist, ist hinreichend bekannt und wird in der deutschen Sprache zwar nicht unbedingt bedauert aber doch (noch) mit einem Mißfallen wahr genommen. Stattdessen wird „wegem dem“ nicht mehr disputiert. Aber wenn „a Behm“ seinen Dativhaß nicht ablegt, dann wird es interessant. Überlebt dann nur der Akkusativ? Oder wird der Akkusativ dann der Einfachheit halber gleich dem Nominativ äquivalent gesetzt? Unglaublich, welche Artikel man den einzelnen Fällen voranstellen kann. Somit ist ein verunglücktes Sprach- und Schreibmanöver in jedem Fall richtig. Probieren sie es einmal mit dem Satz, mit dem sich Polgar in böhmischer Germanistik promovieren wollte, um der böhmisches Dativabneigung ein wissenschaftliches Gewand zu verleihen: „An liebsten sitz ich in Kaffeehaus“. Wenn man da noch den Genetiv zum Akkusativ könnte folgender Satz entstehen: „Während den Essen steh ich in Kaffehaus auf die freie Fallmöglichkeit von Mast“. Wer wird da wohl umfallen? Richtig, ihr Deutschlehrer.

Daß nicht nur die Schlechtschreibung überhand nimmt, sondern bedauernserterweise auch in den meisten Zeitungen ihr Unwesen treibt, ist leider unleugbare Tatsache. Seit in der Presse „Ein Physiker nicht mehr überlegt“ und den Wildwuchs an Sprachschlampigkeiten und sonstiger politischer Wirrnis nicht mehr geißelt und auch „Hirschbolds Pirschgang im Sprachrevier“ in eben derselben Presse kein Hindernis ist und solche unwürdigen Sprach- und Schreibwucherungen beseitigt, und beide Artikel auch nicht länger zu lesen sind, verwundert nicht, daß auch die regelkonforme Strichpunktierung der einzelnen Haupt-, Gliedsätze und sonstiger Satzteile bis hin zu entstellten Wörtergruppen im argen liegt. Um es auf gut wienerisch auszudrücken (weithin bekannt als die goldenen Beistrichregel). Einen Beistrich setzt man, weil es einem gefällt.

Probieren wir es einmal mit einem einfachen Beispiel. Wo muß man den Beistrich in folgendem Satz setzen?

Begnadigung unmöglich zum Tode zu verurteilen.

Richtig, sie haben es erraten. Es liegt in Ihrer Ermessenssache.

Allerdings unterscheiden sich die Folgen gewissermaßen letal. Wenn sie den armen Menschen unmöglich begnadigen können, dann können sie ihn nur noch – aber nicht nur mehr, nur so nebenbei – zum Tode verurteilen. Wenn sie ihn jedoch begnadigen, dann können sie ihn unmöglich zum Tode verurteilen.

Ein weiteres Beispiel zum Üben (speziell bei Forumskriegen):

Beflegelung unmöglich in Ruhe zu lassen.

Kommentaren diesen letzten Satz betreffend gespannt entgegenblickend,
verbleibt da fetznfliaga (ausnahmsweise extra klein, weil hier der Username verwendet wird. Und der wird wirklich klein geschrieben)

P.S.: In Teil 2 beschäftigen wir uns mit den „Neusprechregeln“, sprich Anglizismen.

P.P.S.: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Ein bisserl g'rad bügl'n muß ich den Artik'l noch.

P.P.P.S.: Als baronisierter Tipfehlerfabrikant (nur ein "p", sic!) habe ich das Recht Rechtschreibfehler In Massenfertigung zu produzieren. In Folge dessen (oder doch infolgedessen Ahnung ) mache ich diese am laufenden Band. Twisted Evil

Nur ich habe das Recht, als Sprachvandale Sprachvandalismus zu betreiben. Very Happy Cool

_________________
Segeleuphorie statt Midlife-Crisis.


Zuletzt bearbeitet von fetznfliaga am 26.04.2008 01:37, insgesamt 2-mal bearbeitet
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fetznfliaga
Skipper


Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 260
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 25.04.2008 23:41    Titel: Antworten mit Zitat

I hob nix geg'n Rechtschreibfehla. Wiavü woan d'nn drinnan?

Ois behmische Iwungsaufgob, is auf burgn'nländisch: Inamera.

SCNR (und no deidsch g'wiaz'd)
da unbekaunde fetznfliaga

P.S.: Einen logischen Fehler habe ich gemacht. Statt warm anziehen, muß es physikalisch heißen: KALT anziehen und gut isolieren. Wie kalt oder isoliert, das ist rechentechnische Übungsaufgabe.

Als Hilfestellung. Der Südpol im Süd-Winter ist zu heiß. Cool

Liebe Grüße,
Michael

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Moni
Steuermann


Anmeldungsdatum: 03.04.2006
Beiträge: 62
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BeitragVerfasst am: 15.05.2008 08:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ägypten? Pyramiedenbau?

oder einfach: Bahnhof

_________________
liebe Grüße, Moni

"Schiffe sind im Hafen am besten aufgehoben, doch dafür wurden sie nicht gebaut."
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Kapetanjos
Deckshand


Anmeldungsdatum: 11.02.2006
Beiträge: 8

BeitragVerfasst am: 15.05.2008 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

Michael- ich versteh Dich!!!!!!
Mir gehts oft ebenso!
LG
Kapetan
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fetznfliaga
Skipper


Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 260
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 16.05.2008 19:31    Titel: Antworten mit Zitat

Moni hat Folgendes geschrieben:
Ägypten? Pyramiedenbau?

oder einfach: Bahnhof

Nein "Inamera" ist sehr kurz für "(E)ina wia kana", das wia ist als mia zu betonen. Wieso "Ina mia kana" zu Inamera geworden ist, das weiß ich auch nicht. Das "r" ist für mich ein bißchen dubios. Aber vielleicht hilft uns jemand noch weiter.

Dieses Wort gibt es nur in Nordburgenland, speziell am Neusiedlersee. Wink

Liebe Grüße,
Michael

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fetznfliaga
Skipper


Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 260
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 01.08.2008 12:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hurra!

Na endlich! Die Reform der Reform. Weg vom Schlechtschreibstil. Wir sind ein Stückchen weiter gekommen. Wenn dann noch eine weitere kommt, sind wir wieder bei der alten Rechtschreibung (und die neue Schlechtschreibung wird zu Grabe getragen).

Wenn wir dann noch einen Schritt weiter zurückgehen, dann könnten wir wieder das "c" statt dem "z" (also procedieren analog zu Procedere) schreiben, weswegen Doderer so ein Dudenhasser geworden ist und das C-Setzen jeder Druckerei überstrapziert hat.

Das "Th" statt dem "T" (Thor statt Tor, denn ein Thor ist kein Tor) zu verwenden, dann gibt es wieder etwas zu lernen in deutsch, aber so weit zurückgehen will ich dann doch nicht mehr.

Ich bevorzuge aber immer noch die alte Rechtschreibung.

Liebe Grüße,
Michael

_________________
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volk(er)
Steuermann


Anmeldungsdatum: 05.04.2006
Beiträge: 78
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 02.08.2008 07:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
I hob nix geg'n Rechtschreibfehla.


Zitat:
Ich bevorzuge aber immer noch die alte Rechtschreibung.


So ist es Exclamation

Grüße
Volker
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Gotthard
Matrose


Anmeldungsdatum: 26.03.2008
Beiträge: 28
Wohnort: Österreich

BeitragVerfasst am: 03.08.2008 09:33    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Michael, hallo Volker!

Ich bevorzuge die neue Rechtschreibregelung.

Sprache, Semantik, Schreibstil usw. sind im Flusse - wie das Leben. Selbstverständlich sind die "Regeln" (sie braucht es, um sicher zu sein, jedenfalls im Juristischen, dass klar ist, was gemeint ist) von Zeit zu Zeit diesem Wandel entsprechend zu adaptieren, auf deutsch, anzupassen. Mit der Luther-Bibel - einst anerkanntes Meisterwerk deutscher Sprache, "dem Volke aufs Maul geschaut" - wird dir Gottes Wort heute schwerlich nahe gebracht werden können.

Meines Wissens haben die Rechtschreibreformer - ich hoffe ehrlich - darum gerungen, eine Anpassung an die Bedürfnisse aller Deutschsprechenden zu finden, die von allen, die sich dazu zu artikulieren habe, jedenfalls von allen Gesetzgebern der Staaten, in denen deutsch gesprochen wird, akzeptiert wird. Dass das stets ein Kompromiss wird, ist wohl jedem/jeder von vornherein klar.

Ich persönlich hätte mir so manches anders vorstellen können. Wenn ich mir das Positive an der Reform ansehe, so ist das eine gewisse Freiheit in der Groß- und Kleinschreibung und in der Beistrichsetzung. Ich sehe darin, dass die Schreibreformer den Wandel vom obrigkeitshörigen Untertan zum selbstbestimmenden, selbstverantwortlichen Bürger wahrgenommen und dem Rechnung getragen haben.

Sich hinterher über das Ergebnis in schnottrigem Schreibstil über die Anderen (selbstverständlich Dümmeren) auszulassen, lieber Michael, ich mag das wirklich nicht mehr wirklich hören! Wo bist du gewesen, wie die Rechtschreibreformer ihre Konferenzen abgehalten haben, was hast du damals beigetragen, bzw beizutragen versucht?

Suchst du den Balken im Auge der anderen? Hast du selbst keine Probleme? Ist das wirklich soooo wichtig?

Erfreuen wir uns unseres eigenen, wie des anderen authentischen Schreib- und Lebensstils. Und bedienen wir uns des vom Aussterben bedrohten Genetivs, wenn es uns verlangt danach oder darnach. Schreiben wir bitte in der (dank Reform gelockerten) Groß- und Kleinschreibung, denn das erleichtert die Lesbarkeit, weil wir das so gewohnt sind, und weil es keinen sehr wichtigen Grund gibt, davon abzulassen.

Ich weiß: Jede Reform hat auch den Charakter einer Enteignung. Was vertraut gewesen ist, was du dir mit großer Mühe, vielleicht unter großem Leiden in der Schule oder sonstwo angeeignet hast, es ist - fluch der Reform - nichts mehr wert!! Ist der Widerstand gegen Reformen, das Beharren im Gewohnten nicht auch genährt von dem Widerstand gegen die Enteignung des teuer erworbenen geistigen Eigentums? Damit bekäme der Widerstand tatsächlich eine gewisse Berechtigung. Jedenfalls habe ich Verständnis für den Widerstand, wenngleich ich mich nicht anschließe. Allerdings, wer die Veränderung der Regeln - der Schreibweise, wie der Lebensweise - ablehnt, steht irgendwann außerhalb des gut Verständlichen, außerhalb der Leichtigkeit des Lebens und des Lebensflusses.

Damit will ich es belassen. Nix für ungut (mühlviertlerische Redensweise)!

Volkmar
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fetznfliaga
Skipper


Anmeldungsdatum: 06.03.2006
Beiträge: 260
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 06.08.2008 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Ciao Volkmar!

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Ich bevorzuge die neue Rechtschreibregelung.


Bei mir ist es anders, es sind mit der Reform von 98 viele Feinheiten der deutschen Sprache abhanden gekommen. Sehr viele. Und was ich nie verstehen werde, wieso man Fremdwörter eindeutschen möchte. Und das mit einem System, das undurchsichtig ist. Spaghetti und Chianti. Ein anderes Beispiel für Bedeutungsverlust aufgrund der Neuschreibung ist folgender Mustersatz. Andi und Peter arbeiten gerne zusammen, aber ob sie auch gut zusammenarbeiten, ist eine andere Frage. Hier wird einmal zusammen arbeiten und einmal zusammenarbeiten verwendet. Beides hat eine unterschiedliche Bedeutung. Leider ist diese der Generalisierung und Vereinfachung zum Opfer gefallen. Deswegen gibt es zum Glück jetzt die Reform der Reform, die einige dieser kompletten Unzulänglichkeiten wieder rückgängig macht.

Hätte es damals eine Volksabstimmung gegeben, wäre aus dieser akademischen Vereinfachungsrunde ein Ablehnungsvotum der Sonder-Extraklasse entgegengeschwappt. Aber wer zahlt schon gerne hochdotierte Berater samt vermeintlichem akademischem Expertengremium, damit er am Ende d'rauf kommt, daß wenn man nichts macht, man zumindest nichts falsch macht. Ergebnisloser Abbruch war anscheinend nicht drinnen.

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Sprache, Semantik, Schreibstil usw. sind im Flusse - wie das Leben. Selbstverständlich sind die "Regeln" (sie braucht es, um sicher zu sein, jedenfalls im Juristischen, dass klar ist, was gemeint ist) von Zeit zu Zeit diesem Wandel entsprechend zu adaptieren, auf deutsch, anzupassen.


Daß die gesprochene Sprache im Fluß ist, ist akzeptiert. Daß sich gesprochenes Wort selten an die Schriftsprache hält, ist ebenso akzeptiert. Ich halte auch Dialekte für eine Bereicherung und verstehe auch, daß manchmal die eine oder andere Mundart mit den 26 Buchstaben wiedergegeben wird. Das ist kein Widerspruch, jedoch sollte immer noch die Schriftsprache für die Korrespondenz herangezogen werden. Ich selbst sage manchmal "am Bod'n" und "weg'n dem", nur weiß ich auch, daß ich in der Mittelschule bei der Deutschschularbeit damit gleich 2 schwere Fehler gemacht hätte.

Aber Grilllparzer mit seinem Leon in "Weh dem, der lügt", diese Szene ist doch unvergeßlich. Da merkt man sich doch den Unterschied, wenn der Held in Todesangst sagt: "s'liegt am Bod'n." Und akzeptiert den grammatikalischen Fehler.

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Mit der Luther-Bibel - einst anerkanntes Meisterwerk deutscher Sprache, "dem Volke aufs Maul geschaut" - wird dir Gottes Wort heute schwerlich nahe gebracht werden können.


Daß die neuhochdeutsche Sprache seit 500 Jahren des öfteren reformiert, neudeutsch also standardisiert wurde, bestreite ich nicht. Eine Rechtschreibung gibt es noch nicht so lange, fängt erst mit Duden und der ersten Reform vor hundert Jahren an.

Dann müßte ich Schiff-Fahrt und nicht Schiffahrt sagen. Wo bleibt da die gesprochen Sprache? Oder bei selbständig? Hast Du irgendjemand gehört, der selbstständig sagt?

Aber ich gehe beim auf's Maul schauen nicht so weit, daß ich mich mit Wörtern wie Daunlohd, Ablohd, Kompjuter Läptop, Trehd, Nodbuk, fisching für phishing (nur um eine lustige Verwechslung darzustellen) jemals anfreunden könnte. Da schreibe ich lieber gleich englisch. Das kann ich dann noch lesen. Und warum soll ich mich mit absolut irreführenden Begriffen wie Scheibenlaufwerk für Floppy-Disk ärgern. Da brauche ich erst ein deutsch-technisches Wörterbuch. Gibt ja auch schon Mann-deutsch und Frau-deutsch.

Auch im englischen hat man einmal right - sogar das h betonend - gesprochen, heute wird es eben "rait" ausgesprochen und right geschrieben. Also, ich weigere mich zu verstehen, wieso man ein paar Fremdwörter wie Mayonaise nicht richtig schreiben kann?

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Meines Wissens haben die Rechtschreibreformer - ich hoffe ehrlich - darum gerungen, eine Anpassung an die Bedürfnisse aller Deutschsprechenden zu finden, die von allen, die sich dazu zu artikulieren habe, jedenfalls von allen Gesetzgebern der Staaten, in denen deutsch gesprochen wird, akzeptiert wird. Dass das stets ein Kompromiss wird, ist wohl jedem/jeder von vornherein klar.


Das bezweifle ich. Nein, Ausgangslage war klar und deutlich eine Nivellierung nach unten. Weswegen die Fremdwörter so eingedeutscht wurden, entzog sich schon damals meines Verständnisses und löste Kopfschütteln aus.

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Ich persönlich hätte mir so manches anders vorstellen können. Wenn ich mir das Positive an der Reform ansehe, so ist das eine gewisse Freiheit in der Groß- und Kleinschreibung und in der Beistrichsetzung. Ich sehe darin, dass die Schreibreformer den Wandel vom obrigkeitshörigen Untertan zum selbstbestimmenden, selbstverantwortlichen Bürger wahrgenommen und dem Rechnung getragen haben.


Na, was die Beistrichregeln betrifft, war Chaos und Konfusion angesagt. Vorher waren ca. 15 Regeln mit jeweils 2 bis 3 Ausnahmen, nachher war es jedem überlassen, den Beistrich zu setzen nach Lust und Laune. Das Ergebnis war, daß man erst nachdenken mußte, was der Schreiber eigentlich gemeint haben könnte.

Ich hätte meinen im ersten Beitrag verfaßten Mustersatz zur Beistrichsetzung sogar zu recht so interpretieren können, daß eine Begnadigung unmöglich ist, weil es keine verbindliche Beistrichsetzung gibt, die Beistrichsetzung nicht eindeutig geklärt ist. Wozu habe ich dann Regeln, wenn keiner weiß, was richtig ist? Da geht es nicht um die Freiheit des Ausdrucks, sondern es war die Unfähigkeit des Gremiums, hier entweder eine Vereinfachung in Richtung völlige Willkürlichkeit zu gestatten oder aber verbindliche Regeln, welche womöglich noch strikter gewesen und komplizierter anzuwenden gewesen wären, einzuführen.

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Sich hinterher über das Ergebnis in schnottrigem Schreibstil über die Anderen (selbstverständlich Dümmeren) auszulassen, lieber Michael, ich mag das wirklich nicht mehr wirklich hören! Wo bist du gewesen, wie die Rechtschreibreformer ihre Konferenzen abgehalten haben, was hast du damals beigetragen, bzw beizutragen versucht?


Versucht habe ich es schon, die Schlechtschreibung aufzuhalten, Petitionen unterschrieben, Internetabstimmungen. Nur was habe ich damit bei Fr. Gehrer erreicht?

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Suchst du den Balken im Auge der anderen? Hast du selbst keine Probleme? Ist das wirklich soooo wichtig?


Jeder regt sich über nicht verständliche Gebrauchsanweisungen auf. Sätze wie "Hier werden Sie geholfen werden" gehören zum Standardrepertoire des Zitierens. Wenn wir da keine Abhilfe schaffen und uns nicht für die richtige Verwendung der deutschen Sprache einsetzen, dann wird es keine Rechtschreibung mehr geben.

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Erfreuen wir uns unseres eigenen, wie des anderen authentischen Schreib- und Lebensstils. Und bedienen wir uns des vom Aussterben bedrohten Genetivs, wenn es uns verlangt danach oder darnach. Schreiben wir bitte in der (dank Reform gelockerten) Groß- und Kleinschreibung, denn das erleichtert die Lesbarkeit, weil wir das so gewohnt sind, und weil es keinen sehr wichtigen Grund gibt, davon abzulassen.


Wie viel leichter ist ein Beitrag mit korrekter Groß- und Kleinschreibung und guter, gegliederter Auftrennung in Absätze zu lesen? Um einiges besser, meiner Meinung nach.

Die neudeutsche Kleinschreibung, die in Verbindung mit dem sogenannten SMS-Stil in den Foren auch schon stark verbreitet ist, ist ein weiteres Beispiel für Mißachtung der Rechtschreibung. Ich bin schon so weit, daß ich solche Artikel ignoriere und nicht beantworte.

Damit meine ich jetzt nicht, daß ich auf jemanden, der Rechtschreibfehler oder Tipfehler macht, herumhacke. Nein, da geht es um die bewußte Mißachtung der elementarsten Regeln der Sprache, egal ob der deutschen oder einer anderen.

Es geht auch um die Ausdrucksweise, daß oft nicht klar ist, wer was wie meint. Welches zwangsläufig zu Mißverständnissen führt. Und auch um dieses bißchen Respekt, welche man dem Leser zumindest entgegenbringen sollte.

Bestes Beispiel für die Unfähigkeit einen Sachverhalt zu beschreiben, sind Computerforen. Das findet man oft folgenden Beitrag: Bei mir geht da was nicht. Sehr aufschlußreich. Gegen diesen radikalen Verlust der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit stemme ich mich.

Noch besseres Beispiel zum Thema Computer. Ich habe etwas gemacht. Jetzt geht es nimma. Und wie soll da jemand jemals das Problem beheben können?

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß: Jede Reform hat auch den Charakter einer Enteignung. Was vertraut gewesen ist, was du dir mit großer Mühe, vielleicht unter großem Leiden in der Schule oder sonstwo angeeignet hast, es ist - fluch der Reform - nichts mehr wert!! Ist der Widerstand gegen Reformen, das Beharren im Gewohnten nicht auch genährt von dem Widerstand gegen die Enteignung des teuer erworbenen geistigen Eigentums? Damit bekäme der Widerstand tatsächlich eine gewisse Berechtigung. Jedenfalls habe ich Verständnis für den Widerstand, wenngleich ich mich nicht anschließe. Allerdings, wer die Veränderung der Regeln - der Schreibweise, wie der Lebensweise - ablehnt, steht irgendwann außerhalb des gut Verständlichen, außerhalb der Leichtigkeit des Lebens und des Lebensflusses.


Das ist jetzt sehr, sehr schön formuliert. Respekt Super verneigen

Aber ein Argument gebe ich zu bedenken.

Kurzfassung: Nicht immer ist die Vereinfachung das Mittel zum Ziel.

Langatmig: Zieh als Beispiel die Physik des 20. Jhdt. heran. Hätte ein Hr. Planck nicht die Quantenhypothese eingeführt, um ein fest umrissenes Strahlungsproblem theoretisch zu erklären, und somit für das Verständnis des Mikrokosmos' neue Wege eingeleitet, wäre die Welt wahrscheinlich viel einfacher. Aber einige Phänomene der Strahlung wären eben nicht richtig erklärt und verstanden. Von der Entwicklung der modernen Quantentheorie einmal abgesehen. Aber mit der Entwicklung ebendieser Quantentheorie hat eine neue Betrachtung der Wissenschaft eingesetzt, welche doch um einiges komplizierter war und weitreichende Schlußfolgerungen als auch Änderungen der Logik und somit der Betrachtung eines Gegenstands implizierte. Denn bevor ich eine Abfolge definieren kann, muß ich wissen, welches Objekt ich beschreiben möchte. Ebendieses ist nicht eindeutig in eine Kategorie entweder-Oder einzuteilen. Diese Feinheiten, sei es die Einführung erweiterter Symmetriebeziehungen oder sei es die Verwendung einer zusätzlichen mathematischer Beziehung, welche bei folgerichtiger Ableitung in der Heisenberg'schen Unschärferelation endet, führen im Gegensatz zur klassischen Mechanik zu gänzlich verschiedenen, extrem abweichenden Ergebnissen ein- und desselben experimentellen Sachverhalts. Hier ist die kompliziertere Betrachtungsweise vorzuziehen. Man beschreibt den Sachverhalt einfach korrekt, auch wenn man der besseren Anschauung auf vertraute Begriffe verzichten muß bzw. diese neu definieren muß, sprich einen besseren und erweiterten Sinngehalt geben muß.

Die neue Rechtschreibung habe ich als Rückschritt in die klassische Mechanik empfunden.

Gotthard hat Folgendes geschrieben:
Damit will ich es belassen. Nix für ungut (mühlviertlerische Redensweise)!


Jetzt hamma uns awa weit vom Segl'n wegbewegt, oder?

Liebe Grüße,
Michael

_________________
Segeleuphorie statt Midlife-Crisis.
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