Gotthard Matrose
Anmeldungsdatum: 26.03.2008 Beiträge: 28 Wohnort: Österreich
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Verfasst am: 26.11.2010 06:35 Titel: Um Fidschi herum und nach Neuseeland |
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Jetzt habe ich wieder mal im Charter Forum vorbeigeschaut und eine neue Geschichte mitgebracht. Das Surfen im Internet ist ein wenig komplizierter geworden fuer mich, denn die hohe Luftfeuchtigkeit auf See hat den Bildschirm meines Reise-Laptops neuerlich korrodieren lassen.
Ich hatte zuletzt hier was berichtet ueber die Fahrt von Galapagos zu den Marchesas Inseln. Mit meinem australischen Eigner-Paar bin ich planmaessig bis Tahiti gesegelt. Von dort bin ich mit dem aus Deutschland stammenden Joachim auf dessen schonergetakelten Stahlschiff in einem Stueck bis Fidschi gesegelt. Hier bin ich 3 Monate geblieben. Und dann fand ich meinen vorlaeufig letzten Kapitaen:
Um Fidschi herum und nach Neuseeland
Diesmal habe ich “meinen” Kapitaen und “mein” Schiff nicht im Internet, sondern in einer Marina am Steg gefunden. Genau genommen an der Boje, denn fuer Miki war noch kein Platz frei am Steg. Daher hat man ihn an die Mittelboje festgemacht. Den Katamaran an den Steg zu verholen, ist unser erstes gemeinsames Manoever gewesen. Miki erkannte mich sofort. Er hatte in der Suva Royal Marina mein Announcement gesehen, das ich samt einem Passbild ans schwarze Brett gehaengt hatte.
Am naechsten Tag, es ist der 8. Oktober 2010, verhole ich mich samt Gepaeck aus dem Backpackers Hostel “Sunseekers” in Nadi auf die “Two Oceans” in der Vudapointmarina, nahe Lautoka. Der 42 Fuss Katamaran ist vor 7 Jahren in Suedafrika gebaut worden. Miki ist der 2. Besitzer.
Bis vor 3 Jahren ist Miki Flugkapitaen bei der israelischen Zivilluftfahrt gewesen. Er hat die groessten Jumbos geflogen. Seinen Fuehrungsstil empfinde ich als sehr angenehm. Es gibt kein boeses Wort zwischen uns, obgleich ich nicht immer alles sofort richtig verstanden habe. Er sagt, es gebe nur ganz wenige Regeln an Bord. Eine sehr wichtige sei, nicht ueber Bord zu pinkeln. Eine weitere hat er mir spaeter gesagt: Nicht pfeifen waehrend der Fahrt. Das Auslaufen an einem Freitag ist kein Problem fuer ihn, denn der Freitag sei sein Glueckstag. Spaeter faellt mir ein, dass er als Jude zum Freitag wohl nicht jene Empfindung hat wie Menschen aus der christlichen Tradition.
Die Reise geht erst mal in die von Nadi und Lautoka westlich vorgelagerte Mamanuka-Gruppe. Im Norden schliesst sich daran die Yasawa-Gruppe. Sie wird als die reizvollste aller Inselgruppen von Fidschi bezeichnet. Hier besuchen wir auf Naviti die Bucht vor dem kleinen Dorf Somosomo. In so einem Fall gehoert es sich auf Fidschi, dass man beim Haeuptling, hier Chief genannt, des Dorfes sich vorstellt und Kavawurzeln als Geschenk mitbringt. Der Chief von Somosomo ist eine (geschaetzt) 90 Jahre alte Frau. Sie heisst uns willkommen, sie freue sich, dass wir ihr Dorf besuchen, es sei uns gestattet, im Dorf zu fotografieren und in der Bucht zu schnorcheln und zu fischen.
Soweit ich mitbekommen habe, hat ein Chief keine Verwaltungsaufgaben zu erfuellen oder zu vollziehen, die vergleichbar sind mit denen eines Buergermeisters. Doch er hat viel Einfluss auf das friedliche Zusammenleben der Menschen des Dorfes. Autoritaet hat er, weil er der traditionellen Haeuptlingsfamilie entstammt und daher auch mit mehr Allgemeinwissen gebildet ist. Die Chiefs einer Insel und im ganzen Lande sind eng mitsammen vernetzt. Sie ueben anscheinend auch nach oben Macht aus mit Tendenzen zu Missbrauch und Korruption. Die Korruption im Lande will die derzeitige Militaerregierung abschaffen. Wenn das geschehen ist, dann soll es wieder freie Wahlen geben und keine Zensur mehr. In den 3 Monaten auf Fidschi habe ich uebrigens nie einen Soldaten gesehen und nur sehr wenig Polizei.
Sehr viel Einfluss auf den Frieden im Dorf scheinen mir auch die Pastoren zu haben. Der Sonntag wird streng gehalten: Gottesdienst vom Vormittag bis in den spaeten Nachmittag. Es wird auch nichts gearbeitet am Sonntag.
Am naechsten Tag erschnorcheln wir im seichten Wasser das 75 Jahre alte Wrack eines kleinen Flugzeuges. Dann segeln und motoren wir in die “Blaue Lagune”. Namensgebend fuer diesen schoenen Platz zwischen vier Inseln ist ein beruehmter Film gewesen, der mit einer ebenso beruehmten Schauspielerin hier vor vielen Jahren gedreht worden ist.
Wir segeln noch einmal weiter nach Norden in den Inseln in der Yasawa-Gruppe. Wir bleiben hier einen Regentag lang, ehe wir durch die Blight-See an die Nordkueste von Viti Levu segeln und uns spaeter der Suedkueste der noerdlicheren Insel Vanua Levu naehern. Die Blight-See ist nicht sehr tief. Unsichtbare Korallenbaenke liegen auch mitten im Meer, nicht nur in Ufernaehe. Da ist das GPS schon sehr hilfreich. Doch die elektronische Seekarte ist mit Vorsicht zu geniessen. Ohne Wahrschau wuerde man in den Korallen landen. Wir ankern nun in menschenleeren Buchten.
Die Einfahrt nach Savusavu, die Hafenstadt im Sueden von Vanua Levu, fuehrt an einer huegeligen, malerischen Halbinsel entlang. Die Menschen in der Stadt begegnen uns offen, freundlich und herzlich – wie ueberall in Fidschi. Man moechte nicht glauben, dass diese Menschen vor wenigen Generation noch kanibalische Riten gehabt haben sollen.
Miki beginnt nun die Wettervorhersagen zu studieren. Morgen, 21.10. wird eine groessere Flotte von der Muscat Cove Marina auf Maloleilei (westlich von Nadi) aus, nach Neuseeland absegeln. Das Wetter scheint ideal zu sein. Miki wirkt unruhig auf mich. Ich fuerchte, er fuerchtet, die guenstige Wetterlage zu verpassen. Wir wollen noch einen Tag in Savusavu bleiben. Drei weitere Tage benoetigen wir, um nach Suva im Sueden der Hauptinsel Viti Levu zu kommen. Die beiden Naechte dazwischen ankern wir in Buchten der Inseln Koro und Gau.
In Suva angekommen, erledigen wir rasch das Ausklarieren und versorgen uns nochmal mit Proviant. Miki erachtet die Wettervorhersage fuer guenstig, wenngleich nicht ideal: Ein ausgedehntes Hoch ueber NZ (dreht gegen den Uhrzeiger) beschert uns einen nahtlosen Uebergang vom Suedostpassat in den ebenfalls aus Ost kommenden Gradientenwind des Hochs. Es ist freilich unsicher, wie sich das Hoch in den 7 Tagen, die wir fuer die 1000 sm brauchen werden, entwickeln und wohin es allenfalls abwandern wird. Und es sind Windsaerken von ueber 30 Knoten angesagt. Charterskipper in der Aegaeis freuen sich, wenn es mal so richtig gegen 40 Knoten geht. Fahrtensegler sehen das anders. Sie leiden – mit den Leinen,
Am naechsten Tag segeln wir los mit Wind von backbord, meist mehr von Bug kommend, manchmal aber auch achterlicher. Anfangs kommen Wellen aus mehreren Richtungen. Suedlich von Beqa, der letzten Insel im Sueden von Fidschi, gesellt sich dann eine Duenung aus Suedost dazu. In den naechsten Tagen waechst sie zu 3m-Wellen an. Das gibt dem sonst recht waagrecht daliegenden Katamaran voruebergehende, sanfte Schraeglage. Viel Laerm machen die kleineren Wellen. Sie stuerzen sich gegen den luvseitigen Bug. Der Leeseitige weiss nichts davon und stemmt sich voll dagegen. Oder umgekehrt. Das macht, dass die Wellen viel haerter an die Ruempfe schlagen, als ich das von den Einrumpfbooten her gewohnt bin. Und dann das staendige Anknallen der Wellen gegen die Bruecke, bzw. deren Vorder- und Unterseite. Es donnert, droehnt und knallt fast die ganzen 7 Tage und Naechte hindurch. Ich verbrauche mein letztes Ohrstoepselpaar.
Die 7-Tages-Prognose stimmt ziemlich genau. In der Bay of Islands wird die See endlich ruhiger. Spieren markieren den Weg nach Opua. Das ist der noerdlichste Hafen von NZ, wo man einklarieren kann. Am 1. November um 12 Uhr Mittag machen wir am Quarantaenesteg fest. Grenzpolizei und ein Beamter des Landwirtschaftsministerium sind rasch zur Stelle. Sie amtshandeln recht korrekt und unkompliziert. Um 14:30 setze ich erstmals in meinem Leben einen Fuss auf neuseelaendischen Boden.
Nach ein paar Tagen am Boot setze ich mich in einen Intercity-Bus Whangarei, 2 Tage spaeter nach Auckland und weiter nach Thames. Hier erwartet mich mein Schwiegersohn mit “meinem” Nissan-Kleinbus. Er hat ihn fuer mich besorgt und ihn zu einem erstaunlich brauchbaren Camping-Van ausgebaut. Geimansam reisen wir weiter auf die Suedinsel ins Dorf Waipara, nahe Christchurch. Hier wohnen er und meine Tochter. Im Garten ist ein Wohnwagen-Anhaenger geparkt. Das ist nun mein Kochplatz und Tagesaufenthalt.
In Christchurch habe ich einiges zu besorgen: Laptop reparieren, neue Brille, Fuehrerschein ins Englische uebersetzen und verschiedenen Kleidungsstuecke anschaffen. Zugleich versuche ich dem Klimawandel mit viel Schlaf zu meistern. Es ist einfach alles bitterkalt hier.
Ich plane meine Zeit auf NZ bis April 2011. Dann verlassen die Weltumsegler das gastliche Land wieder, weil um diese Zeit die Hurrikansaison in der Suedsee zu Ende geht. Ich hoffe das mich wieder ein Kapitaen finden wird fuer meine Reise nach Asien. Sollte mir Peking in die Naehe kommen, wuerde ich meine letzte Etappe mit der transsibirischen Eisenbahn segeln.
Mehr ueber meine Zeit auf Fidschi, auch vorher und nachher, ist im “Tagebuch” meiner Website zu lesen www.segelnumdiewelt.at. In der “Aktuellen Reise” gibt es bebilderte Berichte, allerdings nur bis Venezuela. Doch mein neuer Webmaster ist schon an der Arbeit und ich erwarte bald mehr.
Volkmar |
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