frixos Kapitän
Anmeldungsdatum: 26.02.2006 Beiträge: 723
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Verfasst am: 12.05.2006 18:00 Titel: MARINA PICCOLA |
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LA DOLCE VITA
LUNA CAPRESE
Die Musik dazu
Ein kleiner Hafen umrahmt von steilen Felswänden und vielleicht 50 Meter vom Ufer ein kleiner flacher Felsen und darauf, ich traute meinen Augen nicht, stand ein Zelt. Alles was nicht Niet und nagelfest am Roller war wurde abmontiert und mit meinen Utensilien hinuntergeschleppt, man konnte ja nicht wissen. Dazu möchte ich aber eines bemerken, ich habe mein Zelt sehr oft auf allen möglichen Plätzen ohne Aufsicht gelassen, gestohlen wurde mir auch bei meinen späteren Reisen nie etwas. Mein erster Weg in Marina Piccola war in die Strandbar auf ein, es könnten auch mehrere gewesen sein, kühles Bier und dann raus aus den Klamotten und rein ins Wasser. An der Bar lernte ich auch den Bewohner des Zeltes kennen, einen jungen Deutschen der am nächsten Tag abreiste. So kam ich zu einem Platz wie man es besser sich nicht wünschen konnte. Die Unterlage war zwar etwas hart, denn Luftmatratzen waren damals, zumindest für mich unbekannt, was macht dass schon, ich war der König auf meinem Felsen, konnte aus meinem Schlafgemach direkt ins Meer springen und war auf dem Wasserweg in zehn Minuten an der Strandbar, Herz was begehrst du mehr. Abends kamen immer zwei Burschen, die Brüder Carlo und Claudio Carluzzi, vorbei mit denen ich mich sehr gut verstand und die sich alle Mühe gaben mir italienisch beizubringen, so quatschten wir oft die halbe Nacht, über uns der Mond, der die ganze Bucht in ein mystisches Licht tauchte und mich verzauberte, Luna Caprese. Eines Tages, wir saßen an der Pier, kam eine Traumyacht unter amerikanischer Flagge in de Hafen und machte am Kai fest. Der Skipper kam auf uns zu und fragte „some Body speaks English here?“ „I’ am“ meldete ich mich, obwohl mein Englisch noch sehr dürftig war. Die Crew, zwei Frauen und drei Männer hatte ein Problem. Ihr Guide hatte sich den Fuß gebrochen und war ausgestiegen, sie suchten Ersatz. Mein Italienisch war zwar auch nicht das gelbe vom Ei aber dass fiel ihnen nicht auf, aufgefallen allerdings ist den Damen mein, von der Sonne gebleichtes, strohblondes Haar. „Mein Vater war aus Hamburg und lebte hier“ log ich frech, „vor zwei Jahren ist er beim Fischfang ums Leben gekommen“. My Good, you are a very poor Boy“, und ich bekam den Job. Da wurde mir doch mächtig flau im Magen, aber Carlo und Claudio nahmen mich noch am selben Abend in die Kur, erzählten mir die Geschichte von Axel Mundte, der Villa und vieles mehr.
Am nächsten Morgen organisierten sie eine Carretto (Eselsfiaker) und ich fuhr mit meiner Kundschaft hinauf nach Anacapri, zur Villa des schwedischen Arztes, nachmittags kam Carlo mit dem Motorboot der Familie und wir fuhren zur Blauen Grotte, ich log das blaue vom Himmel herunter doch meine Amis waren begeistert zumal wir ihnen am Abend noch den Sonnenuntergang bei den Faraglioni zeigten.
Während des Abendessens an Bord erklärten sie mir was sie alles sehen wollten und meine Aufgabe. Den Einkauf am Markt, die Behördenwege, Taxi besorgen und wenn sie nicht an Bord waren aufzupassen.
Die Route führte nach Amalfi, Messina, Syracusa, Palermo und zurück nach Capri, zehn Tage waren geplant.
Mein Magendrücken wurde immer ärger, doch Carlo meinte, dass bringen wir schon hin und paukten mit mir die ganze Nacht die Sehenswürdigkeiten der Fahrt ein, „und wenn du etwas nicht kennst dann lügst du eben so wie heute“. So war es dann auch, beim morgendlichen Einkauf auf den Märkten fragte ich Hinz und Kunz was es hier alles zu sehen gäbe und machte mich nach dem Frühstück mit meinen frisch erworbenen Kenntnissen wichtig. Zurück nach zehn Tagen in Marina piccola bekam ich statt der ausgemachten 100 Dollar, 150 und fünf Stangen Zigaretten, die Frauen küssten mich und die Männer schüttelten mir vor Begeisterung die Hand. Ich war ein reicher Mann und veranstaltete am selben Abend noch ein Festessen für meine Freunde. Die beiden Brüder hatten eine Überraschung für mich. „Wir haben unserem Vater von dir erzählt und der meinte, so etwas wie dich könnten wir in unserem Unternehmen gut gebrauchen“. Das Unternehmen der Carluzzis bestand darin Touristen mit dem Motoscafi zur blauen Grotte zu fahren wo sie dann mit Ruderbooten, die von Carlo und Claudio gerudert wurden, die Grotte besichtigten und ich sollte den Transport der Gäste, gegen Kost und Logis, übernehmen.
Mein Verdienst bestand aus dem Verkauf von, Sonnenbrillen, Ansichtskarten, Souvenirs und Trinkgeldern. Vergessen war die Firma in Wien, vergessen war Österreich, meiner Mutter schickte ich eine Ansichtskarte mit mei-ner neuen Adresse. So wurde ich Mitglied der Familie Carluzzi, bestehend aus dem Nono, der Nona (Großeltern), Papa und Mama, Carlo und Claudio und der kleinen kratzbürstigen Pi-arina, kurz Pia genannt. Es sei erwähnt, dass Capri damals nur von Edeltouristen mit jeder Menge Geld besucht wurde und zu dieser Zeit in den Kinos die Filme, „der Arzt von San Michele“ mit OW. Fischer und „der Sänger von Capri“ mit Mario Lanza, liefen und alle auf den Spuren dieser Stars wandeln wollten. Bei den Touristen, meistens spekulierten die Frauen, stand ich im Verdacht ein uneheliches Kind des schwedischen Arztes zu sein, wahrscheinlich waren meine blonden Haare die Ursache. Ich lächelte nur geheimnisvoll und schwieg. Mein italienisch wurde immer besser und mit den Brüdern fuhren wir mit unseren Eroberungen nachts zu den Faraglioni, oder wenn sie spendabel waren und das Meer ruhig war, hinüber nach Sorrento.
Pia wurde immer kratzbürstiger, wenn ich abends in Sachen Amore unterwegs war und morgens erst später aus dem Haus musste und nach Kaffee fragte war der Teufel los, „Geh doch zu deinen blonden Flittchen, vielleicht machen die dir Kaffee“, tobte sie. Anfangs machte ich mir keinen Reim auf ihr Verhalten, aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, die Kleine hatte sich in mich verknallt. Na das war eine schö-ne Bescherung, für mich war sie immer wie eine kleine Schwester und ihr zu nahe treten wäre mir nicht einmal im Traum eingefallen, außerdem wären dann meine Tage gezählt gewesen. Die Zeit verging, Gäste kamen auch nicht mehr so viele und meistens, zu Pias Erleichterung, ältere Ehepaare denen es im Sommer zu heiß war. Die Kleine wurde immer sanfter und liebenswürdiger, „Frederico hin und Frederico her“ ging es den ganzen Tag, auch Mama Carluzzi machte versteckte Andeutungen und ich steckte ganz schön in der Klemme. Weihnachten kam, wir fuhren mit der Fähre nach Napoli, da machte ich einen furchtbaren Fehler. Mit den kleinen Geschenken für die Familie kaufte ich ein kleines goldenes Kettchen für Pia, dass ich ihr am heiligen Abend gab. Die Wirkung über dieses kleine Geschenk verblüffte mich, Pia, Mama und die Nona fielen mir um den Hals, als ob ich die Kronjuwelen der Habsburger verschenkt hätte und der Nono ging in den Keller und brachte seine beste Flasche Wein. In den nächsten Tagen kamen Freunde der Familie, bestaunten das kleine unscheinbare Geschenk, beglückwünschten Pia, mich und die ganze Familie und ich wusste immer noch nicht was eigentlich los war. Nach einiger Zeit kam ich drauf was ich da eigentlich angerichtet habe. In Süditalien einem Mädchen Gold zu schenken bedeutet einen offiziellen Heiratsantrag zu machen und wird von der ganzen Familie sehr ernst genommen, ich war wie vom Blitz getroffen. Die lockere Zeit der Freiheit war vorbei. An den Sonntagen machte sich Pia fein und wir gingen spazieren, hinter uns immer in Sichtweite die Nona oder die Mama oder auch beide.
Das Frühjahr kam und ich wusste weder aus noch ein, ich war 23 Jahre alt und konnte mir nicht vorstellen eine Familie zu gründen und Verantwortung übernehmen. So machte ich, unter dem Vorwand nach Napoli zu fahren, meinen Roller startklar, fuhr mit der Fähre nach Amalfi und auf dem schnellsten Weg zurück nach Wien. Es war eine traurige Fahrt, ich schämte mich, hatten die guten Leute nicht einmal eine Adresse von mir. Viele werden nun fragen „hat er sie oder hat er sie nicht?“. Die Antwort „ich habe nicht, denn dann hätten mich ihre Brüder sicher gefunden und umgebracht. Trotzdem bin ich mir sehr dreckig vorgekommen und Jahre später kam mir immer mehr zu Bewusstsein was für ein Lump ich war. Ein Psychologe sagte einmal, Probleme die man mit sich herumträgt soll man niederschreiben und das Geschriebene dann in den Papierkorb werfen, das soll helfen die Vergangenheit zu bewältigen.
Zur Vervollständigung möchte ich noch anfügen daß die Bilder nicht von meiner Kamera stammen, bei meiner damaligen chronischen Geldkanappheit wagte ich an einen eigenen Fotoapparat nicht einmal zu denken. Alle Bilder sind bei Wikipedia frei heruntergeladen. Hoffe das man mir verzeiht
Frixos
Zuletzt bearbeitet von frixos am 12.12.2006 10:41, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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