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Der verschwundene Anker



 
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frixos
Kapitän


Anmeldungsdatum: 26.02.2006
Beiträge: 723

BeitragVerfasst am: 24.06.2006 21:19    Titel: Der verschwundene Anker Antworten mit Zitat

Das Problem mit dem schwachen Glied
Hildegard u. Karl-Heinz Drees, „Twin Flyer“, L: 12,00 m, T: 1,10 m
Nein, nein, keine Angst, es geht um eine Ankerkette! (schmunzel). Im Verlaufe unserer vielen und langen Reisen hatten wir Probleme mit den Ankerketten. Zum ersten Mal brach uns eine 10 mm starke Kette auf den Kanarischen Inseln. Das zweitemal brach sie an der Osterinsel ausgerechnet dort - und dabei verloren wir auch unseren CQR-Anker. Beide Male hatten wir Glück, daß wir an Bord waren und unser Schiffchen sofort wieder einfangen konnten. An der Osterinsel war es so knapp, daß wir erst 10 m vor den Uferklippen Ruder ins Schiff bekamen und uns in Sicherheit bringen konnten. Beide Male ankerten wir auf sauberem Sandgrund, hatten die Kette an der Bugrolle mit zwei Leinen abgefangen, die deutlich schwächer waren, als die Kette hätte sein sollen.



Wir ließen die Kette untersuchen. Es stellte sich heraus, daß die Kette - sie war 50 m lang - nicht aus einem Stück bestand, sondern aus jeweils 15 m langen Stücken zusammengeschweißt war. „Zusammengeschweißt“ ist allerdings nicht korrekt ausgedrückt, sie war zusammengebraten. Mit diesem Bericht und einigen Fotos wendeten wir uns an den Hersteller. Dieser entschuldigte sich sehr höflich und ersetzte uns Kette und Anker. So weit - so gut.

1994 rüsteten wir unser Schiff wieder aus und gingen auf eine weitere Reise. Eine neue und vernünftige Ankerkette mußte her, das war klar. Bei Pfeiffer in Radolfzell fanden wir im Katalog eine gute und preiswerte Kette, angeboten als DIN 766 A mit einer Bruchlast von 4.000 kg. Na also, damit sollten wir auf der sicheren Seite sein. Wir bestellten diese Kette, ließen uns aber gleichzeitig die DIN-Norm und die Bruchlast schriftlich bestätigen. Wir kannten die Firma Pfeiffer als Lieferant von ordentlichen und kräftigen Jachtbeschlägen, aber auf die Bestätigung mußten wir sechs Wochen warten. Schließlich erhielten wir eine windelweich abgefaßte Erklärung, nach der die Kette nach DIN-766 A „hergestellt“ wäre und nach Auskunft des Herstellers die angegebene Bruchlast von 4.000 kg hätte. Inzwischen war die Kette längst an Bord und wir gaben uns, leider, mit dieser sowohlals-auch Erklärung zufrieden. Das war ein Fehler.

Anfang Dezember letzten Jahres ankerten wir in der Hafenbucht von Charlotte Amalie, St. Thomas, US-Virgin Islands. Auf ca. 4 m Wasser über gut haltendem Schlick hatten wir ca. 35 m Kette drauf3en, als eine Kalffront über die Virgin Islands zog. Es blies mit 30-35 kn. Wir arbeiteten in unserem Schiff und ließen es blasen, machten uns nicht die geringsten Sorgen, als plötzlich unser Schiff quertrieb. Die Ankerbucht war gesteckt voll mit Segelbooten und wir hatten große Mühe, unser Schiff unter Kontrolle zu bringen, bevor wir andere Boote rammten. Mit ungläubigem Staunen zogen wir ca. 10 m Kette an Deck und – das aufgebogene und gebrochene Glied.

Wir verlegten uns in eine teure Marina und konnten zum Glück nach einigen Tagen eine US-amerikanische Acco-Kette kaufen, die recht teuer war, bei der aber jedes einzelne Glied mit dem Namen des Herstellers geprägt ist, und bei der wir jedes einzelne Glied mit der Lupe untersuchten. Zwei Faxe schickten wir an Pfeiffer und zweimal mußten wir telefonieren, bevor wir überhaupt einer Antwort gewürdigt wurden.

Vier Wochen dauerte es, bis die Firma bedauerte, daß uns „nach so langer Zeit“ die Kette gebrochen wäre. Eine Haftung lehnte die Firma jedoch rundweg ab. Sie wären nur der Lieferant und hätten mit der Qualität und der Haltbarkeit der von ihnen gelieferten Kette nichts zu tun. Da sind wir natürlich ganz anderer Meinung und wir werden den ganzen Vorfall vor ein Gericht bringen und die Kette von einem Sachverständigen überprüfen lassen. Selbst als Laien können wir deutlich erkennen, daß das gebrochene Glied in der Mitte nie verschweißt war, sondern nur an den Rändern gehalten hat. Vorsicht also vor obskuren Ketten. Beim Auto sparen wir auch nicht an den Bremsen.
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Sascha
Landratte


Anmeldungsdatum: 16.07.2006
Beiträge: 4
Wohnort: Ingolstadt

BeitragVerfasst am: 19.07.2006 09:40    Titel: Kettenglied bricht aus...? Antworten mit Zitat

Hallo Frixos,

in der Praxis werden verzinkte Ankerketten verwendet.
Diese werden dann mit einem Schäkel oder mit einer Wirbel mit dem Anker verbunden.

Bei allen verzinkten Ankerketten kommt es je nach
Wassertemperatur, Gewässergüte, zu einer Zinkspaltung auf der Oberfläche. Das ist auch der Grund,
warum bei Stahlyachten die Verzinkungen immer
mit mehreren Lagen Teerepoxyd versiegelt werden müssen.

Bei der Verbindung der Kette zum Schäkel oder
der Wirbel haben wir es mit unterschiedlichen
Lokalelementen zu tun.

Zink – Stahl – Chrom – Nickel – Kupfer usw.

Da am Verbindungsstück zur Kette das Zink schnell
verbraucht wird, erfolgt eine Rissbildung auf der Oberfläche im Martensitgefüge mit der weiteren Entwicklung
einer Korrosion und auch noch einer Muldenkorrosion.
Diese Rissbildung ist bei unterschiedliche Lokalelementen
beim Stahl nicht zu vermeiden.
Diese Rissbildung schwächt nicht die Bruchlast der Kette,
sondern die Korrosion im Gefüge ist die Ursache,
da im Stahl zusätzlich Schwefel und Phosphor enthalten sind,
die auch unter anderem die Ursache für den natürlichen Alterungsprozess des Stahles sind.
Diese Rissbildung mit der verbundenen Korrosion ist nicht sichtbar,
da diese sich im Molekularen Bereich bildet.

Bei unterschiedlichen Lokalelementen und verzinkten Ketten
sollte daher alle Jahre das letzte Kettenglied mit einem
Bolzenschneider beseitigt werden.
Ich denke, dass die paar Kettenglieder in laufe der Jahre zu verschmerzen sind. Bei dieser Vorgehensweise,
ist die Standzeit einer Kette ca. 15 Jahre ohne dass ein Bruch zu befürchten ist.
In der Berufsschifffahrt werden in der Regel
diese Ketten nach 15 Jahren immer ausgetauscht.

Auch eine Edelstahlkette löst nicht das Problem.
Eine Verbesserung wäre also nur,
wenn Kette – Wirbel – Schäkel und Anker aus Edelstahl wären,
wobei zu berücksichtigen ist dass viele Edelstahlketten eine geringere Bruchlast als Stahlketten haben. Da aber die Edelstahlkomponenten meist unterschiedlich sind, besteht auch bei dieser Kombination
die Gefahr der Rissbildung, es dauert nur etwas länger.
Daher sollte auch bei Edelstahlketten in zeitlichen Abständen das letzte Kettenglied entfernt werden.


Grüße Sascha Wink
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frixos
Kapitän


Anmeldungsdatum: 26.02.2006
Beiträge: 723

BeitragVerfasst am: 19.07.2006 09:59    Titel: Das Problem mit dem schwachen Glied Antworten mit Zitat

Hallo Leute!
Da haben wir uns einen richtigen Fachmann geangelt, "SUPER" und ein großes Dankeschön an Sascha.
meint
Frixos
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