DER ALTE VOM SEE

[frixos]

Am 16. Mai 1922 wurde in Wien Johannes Häussler geboren, hinein in die Wirren der Zwischen- Kriegszeit. Über diese Zeit ist viel geschrieben worden, biegen, je nach Farbe oder Gesinnung aber auch eine Zeit, die Menschen geformt hat, im guten wie im bösen. Hannes war einer von Ihnen.
Ich möchte hier nicht über seine Kindheit oder Schulzeit berichten, nein ich möchte euch eine Geschichte erzählen, über einen Mann, der dem Wind gehörte: 17 Jahre war er, als er sich 1939 freiwillig bei der Reichs- See- Sportschule, den Älteren unter dem Namen Marine HJ besser bekannt, meldete. Zuerst ging es nach Seeboden am Millstätter See, dann nach Neusiedl am See. Dieser Lebensabschnitt hat ihn geprägt und alle die ihn kannten wussten, dass er stolz auf diesen Ab-schnitt war, zum Gegensatz vieler anderer die diese Zeit ver-drängt oder auch vergessen haben. Hannes, selbst noch ein junger Mensch, hat andere junge Menschen in Seemannschaft unterwiesen. Damals fing Seemannschaft noch vor dem Mast an. Was manche heute nicht mehr wissen, viele der Seeoffiziere bei der Kriegsmarine hatten ihre Laufbahn als Seekadetten auf einem der österreichischen Seen oder auf der Donau be-gonnen. Den Krieg selbst verbrachte er nicht auf einem Schiff, aber bei der Marineinfanterie. Hollywood hat eine Menge Geld gemacht mit den Ledernacken, so hieß die Einheit auf der anderen Seite der Ideologie, aber Filmruhm hin und Glorie her, gestorben sind die Jungs auf keiner Seite gerne. Hannes marschierte mit: Litauen, Russland, der Rückzug, die Schlacht in den Ardennen, bis zum bitteren Ende, aber gefangen haben sie ihn nicht. Er schlug sich nach Kriegsende durch und 1947 hatte, der während des Krieges gegründete, U Y C Neusiedl eines seiner Gründungsmitglieder wieder. Er hatte es geschafft und sich bis zu seinem geliebten See durchgeschla-gen. Aus dem Schlamm buddelte er sein erstes Schiff, eine Olympia Jolle, aus und restaurierte sie. Von diesem Zeitpunkt an begann die Legende Hannes Häussler. Von da an gehörte Hannes dem Wind. Vieles hat der UYC Neusiedl ihm zu verdanken, alle die wir ihn kannten, sahen in ihm den großen alten Mann vom See. Hunderte von Kindern gingen durch seine Hände und für alle war er ein Idol mit seiner Offenheit und Gradlinigkeit. Man konnte ihn alles fragen er konnte alles erklären. Den Tag, als ich mit seiner Frau und seinem Sohn zu-sammensaß um über den Gatten und den Vater zu sprechen werde ich nie vergessen, dieser Tag ging mir unter die Haut. Die Offenheit seiner Frau, mit der sie sagte „4 Jahre hab’ ich um ihn geworben bis ich ihn 1951 vor den Traualtar bekam“. Sie hat den Wind nicht besiegt, sie hat ihn mit in die Ehe genommen. Stolz klingt in ihrer Stimme als sie von dem Törn in der oberen Adria mit der Seekuh erzählt. Bora, das Segel klemmt, die Seekuh droht zu kentern. Hannes, er war nicht der Skipper, springt nach vorne und klariert. „ Ich glaube da-mals wären wir alle draußen geblieben, wenn er nicht gewesen wäre“. Auf meine Frage, „ Wie war er als Ehemann, als Vater?“ Er war stark man konnte sich hundert Prozent auf ihn verlassen. Ein Blick in die Augen des Sohnes, dieselben klaren und offenen Augen des Vaters. 1969 – 70 gründete Hannes Häussler „DIE SEGELSCHULE NEUSIEDLER SEE“ und verwirklichte sich einen Traum. Wie hart muss es ihn ge-troffen haben als er 1975, nach seinem ersten Schlaganfall an Dkfm. Karl Hofbauer verkaufen musste. Halbseitig gelähmt, das Leben ist vorbei. Nicht für Hannes. Mit seinem unbe-zwingbaren Willen und mit eiserner Disziplin kämpfte er ge-gen dieses Los an, und gewann.
Als ich seine Frau fragte: „Was tat Hannes als erstes als Er wieder halbwegs hergestellt war?“ Da wusste ich die Antwort schon im Voraus, „SEGELN“. Wer dem Wind gehört der sucht ihn überall, auch auf den Bergen, und wieder zeigt sich wie vielfältig er war. Klettern im Gesäuse, am Wilden Kaiser. Radfahren, bei strömendem Regen nonstop von Klagenfurt nach Neusiedl. Als ihm einmal in den 60er Jahren, als der Winter noch ein Winter war, beim Eissegeln vor Illmitz der Mast brach zog er sein Gerät wie ein Husky bei Sturm und klirrender Kälte zurück nach Neusiedl. Ein Verrückter? „Gäbe es mehr von diesen wunderbaren Menschen, unsere Welt würde besser aussehen“. Der alte Mann vom See, ein Vorbild für die Jugend, ohne Blazer und Clubkrawatte, einfach ein Mensch. Seine letzte Fahrt war beim Kaiser Cup 1990 mit der Potosi 7, diesen Namen gab er allen seinen Schiffen zum An-denken an die P- Linie der Hamburger Reederei Leitz (Pamir, Passat, Peking und Potosi.) Sein Sohn war Crew. Nach der Regatta machte er Pläne die NK 20 mit einem Profilstag aus-zurüsten, wohl wissend, dass er sich in den nächsten Tagen einer Operation auf Leben und Tod unterziehen musste. Hannes Häussler starb am 23. September 1990 im Alter von 68 Jahren.