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80 Tage Kroatien - Juni bis September 2002



 
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Autor Nachricht
VirginWood
Landratte


Anmeldungsdatum: 09.02.2006
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: 09.02.2006 19:47    Titel: 80 Tage Kroatien - Juni bis September 2002 Antworten mit Zitat









17. Juni 2002

Nachdem ich die ersten Wochen des Jahres in der Ostsee gesegelt war, bin ich nun endlich im warmen Mittelmeer angekommen. Es ist 09:00 Uhr morgens, kein Lüftchen weht und schon knapp 40 Grad!

Seit ein paar Tagen bin ich hier in Opatja und mache die "VirginWood" seeklar. Noch ein paar gute Tips vom Stegnachbarn ins' Gepäck gepackt und dann los...Südkurs.
Drückend heiß und zum schneiden ist die Luft, ans segeln nicht zu denken, das monotone Geräusch des alten Diesels lässt mich nachdenklich werden.

3 Monate habe ich mir vorgenommen...3 Monate auf 8,5 x 2,5 m...na wenn das mal gut geht

In Cres haue ich mir erst mal den Dieseltank voll und gegenüber in Valun will ich das mit mir machen ...

Valun ist klasse, klein, 10 Boote passen an die Pier, 3 sind es nur., 2 Meter neben der "VirginWood" ist ein freier Tisch auf der Barterasse. Ich mache es anders als die Chartercrew neben mir. Die tüddeln ewig an ihren Tampen rum bis ihre Bavaria endlich fest ist. Mein Boot wird nur kurz belegt, dann erst mal ein kühles Blondes und später in aller Ruhe Tampen sortieren.

Die 8-Mann-Crew staunt.

Später laden sie mich noch auf ihr Boot ein...jetzt ist nicht nur mein Tank voll und das erkennt man am nächsten Tag an meiner abgebrochenen Fahnenstange...sie hat mich vorm Sturz ins Nass gerettet


18. Juni 2002

Mit dickem Kopf schnitze ich erst mal einen neuen Adenauerhalter. Das Boot sieht aus wie nach einer Sturmfahrt...muß toll gewesen sein gestern abend!
Ich will nach Mali Losinj, dort warten ein paar Freunde. Wind kommt auf und lässt die Hitze erträglicher erscheinen. Unter Vollzeug schaffe ich 4 kn. Wenn's so bleibt brauche ich ja nur noch 9 Std.

Kurz vor Losinj dann die 1. große Überraschung: Ein Schwarm Delphine direkt am Boot...ganz nah...ich bin sprachlos.

Die ersten 2 Tage und 64 Meilen gehen zu Ende.



19. Juni 2003

Meine Freunde habe ich gefunden. Zusammen fahren wir in eine wunderschöne Bucht von Insel Susak. Schnorchel...Schnorchel...Schnorchel...leider sind wir nicht alleine hier. Ne Menge Yachten ankern hier und während die Eltern sich auf dem Vorschiff braten nerven die Kinder mit ihren 5 PS Gummischnullern etwas. Klar macht es ihnen Spaß 100-tausendmal im Kreis zu fahren mich nervt das Knattern etwas. Gott sei Dank machen sich die meisten Yachten am frühen Nachmittag auf den Weg. "Hafenrally"...man will ja noch einen Platz bekommen.
Auch wir verspüren den Drang in der Dämmerung auf ein kühles Pils. Also Anker auf und ab Richtung Susak Hafen.
Obacht hier wer mal dort hinkommt...keine Mooringleinen also mit Buganker rückwärts an die Pier.
In Anbetracht des mächtigen Durstes passte mein Timing natürlich nicht und ich musste den Anker erneut im Hafenbecken ausbringen. Ich wählte die lustige Variante indem ich ihn mit dem Schlauchboot durchs Hafenbecken schleppte. Das ich mich nicht selbst versenkte verdanke ich nur einer äußerst stilvollen Gefahrenrolle meines Körpers in der Gummipille.

Der Abend endete, wie soll es auch anders sein, mit Gitarre und Schifferklavier auf der Pier, auf der mittlerweile nahezu alle Besatzungen ihre alkoholischen Getränke abstellten. Ein toller Abend !


20. Juni 2002

Wir segeln zurück nach Losinj wo ich meine Freunde wieder auf dem Campingplatz absetze. Wir werden uns nun erst wieder in vielen Wochen sehen. Schon ein komisches Gefühl wenn man sie noch lange winkend am Strand sieht.
Immer noch 40 Grad...ich segele bis Insel Ilovik und suche mir eine einsame Bucht. Nur die Ziegen an Land teilen diesen schönen Platz mit mir.


21. Juni 2002

Heute will ich bis Dugi Otok bleibe aber bei der kleinen Insel Premuda hängen. Ein winziger Ort mit einem kleinen Fischerhafen. Da sieht meine "VirginWood" mal gigantisch aus!
Ich schätze so 80 Menschen wohnen hier. Hier gefällt es mir...ein Supermarkt so groß wie meine Garage, ein Restaurant mit wenigen Tischen, indem ich eh der einzige Gast bin. Abends kommen noch ein paar Einheimische, wir reden viel und trinken ein paar Wein zusammen.
Schön wenn man keinen Zeitdruck hat...ich bleibe noch einen Tag.
Lesen, Bier trinken vorm Dorfladen, Hafen zeichnen, Buch lesen...so gefällt es mir


23. Juni 2002

Es geht wieder weiter...jetzt aber schnell nach Dugi Otok. Die 30 sm will ich zum Angeln nutzen. Scheinbar ist meine Angel aber kaputt...hängt schon seit 3 Stunden neben mir und nix beißt an.

Im Norden von Dugi Otok finde ich nach Umrundung eines auf einer Sandbank gestrandeten Frachters eine geschützte Ankerbucht. Wieder völlig allein. Die Außenseite der Inseln ist recht "leer".
Ich erklimme einen für mich Norddeutschen tierisch hohen Berg und mache schöne Aufnahmen meiner auf mich wartenden Yacht.


24./25. Juni 2002

Über Veli Rat geht es weiter nach Bozava. Ich muß mal wieder in einen Hafen weil mein Wasser knapp wird. Frisches Obst wird gebunkert. Den Batterien ein paar neue Elektronen gespendet und den 2 Bars in der Stadt einen Besuch gemacht. Wenn man Zeit genug hat, lohnt sich dieser schöne Ort.




26. Juni 2002

5-6 Bf die "VirginWood" rast in Richtung Kornaten. So macht segeln spaß!!! Zwischenstop "Mani"...weiß nicht mehr ob es ne kleine Insel ist oder ein Restaurant...muß aber schön gewesen sein sonst stände es nicht im Logbuch.

Um halb 5 ankere ich direkt vor einem kleinen Restaurant in einer kargen Bucht. Der Wind nimmt zu und ich quäle mich im Schlauchboot zum kühlen Blonden.


27. Juni 2002

Surfen durch die Kornaten!!! Mit achterlichem Wind beide Genua's ausgebaumt nähere ich mich Opat am südlichen Ende der Kornaten. Die Bucht ist einfach ein Traum. 2 Restaurants mit Anleger...nur vom Wasser aus zu erreichen.
Wieder erklimme ich einen Berg und mache wunderschöne Aufnahmen von den gesamten Kornaten, die man von hier oben komplett sehen kann.
Der Wind frischt noch mehr auf...mal sehen, wie es morgen aussieht.

Meine 1. unruhige Nacht begann


28. Juni 2002

Es hackt...7Bf. und mehr. Die ganze Nacht Achterbahn gefahren. Jetzt aber raus hier aus der Bucht. Die offene See ist doch immer noch der sicherste Platz. Mein Boot kämpft sich durch die schon recht hohe See Richtung Primosten. Kaum Fahrt über Grund. Sturmfock und Groß gerefft. Ich lerne die Grenzen meines sonst so tüchtigen Autopiloten kennen. Das ist kein Urlaub mehr, das ist richtig Arbeit !!!

Ich merke, das man auch im Mittelmeer frieren kann. Gewitter, Schauer und das Meer besucht mich in der Plicht. Primosten klappt nicht ...genau gegenan. Also neuer Kurs Murter. Wenigstens der Seegang wird dort abnehmen. Die "VirginWood" stöhnt, ich auch.
Recht abgekämpft aber glücklich komme ich in der ACI Marina Murter an.
Schon von weitem sehe ich die rot bekleideten Mooringmänner winken.
Ich dachte, sie freuen sich über mich...sie wollten mich aber nicht: ALLES VOLL...mist...dabei sehe ich viele freie Plätze.
Schlechte Seemannschaft mich wieder fortzujagen, NIE WIEDER MURTER !!
Jetzt habe ich es schon bis hier geschafft, bis Tisno ist es ein Katzensprung.
Der Wind nimmt zwar noch zu aber die See nimmt erheblich ab hier in der geschützten Bucht.
Die Pier in Tisno ist völlig leer...nicht der sicherste Platz aber Hauptsache erst mal festmachen. Noch schnell die Scheuerleiste verbogen aber dann endlich festen Boden unter den Füßen


29. Juni 2003

Das Klopfen der "VirginWood" nachts an der Pier hab ich nicht gehört...geschlafen wie ein Murmeltier. Heute mache ich Tisno unsicher.
Mein Boot sieht schlimm aus...wie ein Zigeunerschiff. Überall hängen Sachen zum Trocknen. Das Hafenbecken sieht sauber aus und ich genehmige mir ein Bad. Voller Freude entdecke ich, das die Moorinleinen voller Miesmuscheln sind. LECKER!! Ich sammele eine ordentliche Portion und verspeise sie unter den staunenden Blicken der wenigen Touristen, die an der Pier spazieren.

Und auch hier in Tisno gibt es ein Internetcafe. Schnell die elektronische Post abgeschickt und noch das ein oder andere Bier genascht.
Zurück an Bord sehe ich eine Trachtentruppe kommen. Sie entpuppt sich als eine Beerdigungsgesellschaft. 2 Stunden später noch eine...ist hier die Pest ausgebrochen oder haben die gar auch von den Muscheln gegessen ??
Morgen will ich schnell weiter


30.Juni 2002

Ich bin wieder auf See. 3 Windstärken schieben mich bei sonnigem Wetter Richtung Zlarin,
eine kleine Insel vor Sibenik. Der Hafen ist trotz der Nähe zur Großstadt sauber und leer.
Liegt aber wohl auch an der noch frühen Jahreszeit. Strom und Wasser gibt es aber einen
Hafenmeister kann ich nicht finden. Bringe ich das Geld halt in einer dieser netten Bars
unter die Leute. Gleich aus der 1. dröhnt mir eine mächtige Stimmung entgegen. Erst jetzt
begreife ich, was hier heute los ist: DEUTSCHLAND:BRASILIEN Endspiel. Ich hatte bis jetzt
nichts von der Fussball-WM mitbekommen aber aber wo "wir" schon mal im Endspiel sind
schaue ich natürlich gerne zu. Temperamentvoll sind die Kroaten ja...schade das sie für
Brasilien schreien. Nach dem 0:2 schleiche ich mich auf die "VirginWood" zurück.


1.Juli 2002

Herrliches Wetter, frischer Wind...heute will ich Meilen schaffen. Der Autopilot Namens
Gustav und die "VirginWood" sind ein perfektes Team. Während ich auf dem Vorschiff in der
Sonne liege steuert das Boot scheinbar wie von Geisterhand geführt vorbei an Primosten
und Solta Richtung Milna auf Brac. 50 Meilen in 10 Stunden...nicht schlecht für mein
kleines Boot. Gegen Nachmittag wird es sehr schwül und am Abend schlägt das Wetter
wieder um.


2./3.Juli 2002

Starkwind im Hvarskikanal. Ich habe Zeit und beschließe noch etwas in Milna zu bleiben.
Eine alte Frau verkauft mir einen in einer Wasserflasche abgefüllten Rotwein. Kaum an
Bord zurück, einen Schluck genommen, renne ich wieder in die Stadt. Der Wein ist so lecker
das ich ihren ganzen Keller kaufen möchte. Mit 2x5 Liter gebe ich mich dann aber doch
zufrieden und sitze wieder in meiner Plicht. 15:00 Uhr, HAFENKINO geht los! Bei der
Wetterlage könnte es ein spannendes Programm geben. Nicht das ich es besser könnte als
all die hektischen Crews aber ich habe weningstens niemanden zum Anschreien.

Meine Hoffnung wird nicht endtäuscht, riskante Anleger...wütende Crews...alles dabei.
Nachdem die Crashcrew vom Steg gegenüber ihren Nachbarn mit ungebremster "Bavariakraft" in die Seite gerammt sind stelle auch ich die ersten Verluste bei mir fest:
Ein Aschenbecher versinkt mit einem lauten "Glucks" im Hafenbecken und mein Schlauchboot verwandelt sich vom stolzen "Tender to VirginWood" in eine schlaffe Seegurke.

Muss wohl ein Loch haben das Ding.


4.Juli 2002

Südkurs...ich will nach Klement. Da auf der Landseite der Insel eine große Marina ist
suche ich nach einer geschützten Buch auf der Seeseite. Sie ist schnell gefunden,
türkisblaues Wasser, herrlich zum Schnorcheln. Nachdem ich merke, das meine Finger schon ganz schrumpelig werden, tauche ich auch mal wieder auf. 2 weitere Boote haben hier ihren Anker geschmissen und es sieht so aus, als ob sie es eilig hätten, an Land zu kommen.

Schnell rudern sie zum Kiesstrand und verschwinden im Wald. Ob ich was verpasse???
Aber ich sehe nix. Also rein in die Ausgehklamotten und hinterher. Im Wald ist eine
abenteuerlicher Pfad der nach einigen 100 Metern bei einer kleinen Taverne endet.
Die Anderen sitzen schon beim Bier an einem riesigen Holztisch. Auf der offenen Feuerstelle
bereitet der Wirt ein duftendes Mahl zu. Hier bin ich richtig! Schnell rückt man an einem
Tisch zusammen und wir erzählen noch bis tief in die Nacht. An den abenteuerlichen
Rückweg mit nur einem Feuerzeug als Lichtquelle kann ich mich nicht mehr so richtig
erinnern! Das nächste mal nur mit Taschenlampe!!!


5.Juli 2002

Noch leicht benebelt von der Nacht laufe ich um 9:30 Uhr Richtung Korcula aus, dachte ich
jedenfalls. Südostkurs morgens und Sonne im Rücken??? Da stimmt doch was nicht. Nein die Sonne war nicht schuld, als ich aus der Bucht kam hab ich einfach auf die Insel am
Horizont zu gehalten. Das war aber nicht Korcula...das war Vis ! Also schnell auf den
Kompass geschaut und jetzt wirklich Südost gelaufen...und jetzt passte die Sonne auch
wieder. Vela Luka auf Korcula ist ein sehr lebendiger Hafen. Hier gibt es mal wieder
richtige Geschäfte mit all den Dingen, die man eigentlich nicht braucht. Aber das Internet
Cafe kam mir sehr gelegen. Außerdem muse ich alles seefest machen und Proviant bunkern
weil ich von hier rüber nach Palagruza wollte. Nächste Möglichkeit zum Einkaufen wäre
erst wieder hier, in Italien oder auf Lastovo.


6./7./8.Juli 2002

Jetzt geht es los...die nächsten 3 Tage werde ich bis auf die 2 winzigen unbewohnten
Felseninseln nur Wasser sehen. So einsam hier draußen kann man sich schon ein wenig wie
auf einem großen Ozean fühlen. Keine Segelyacht mehr zu sehen. Für Chartercrews aus
zeitlichen Gründen zu weit draußen. Transitsegelnde nach Griechenland nehmen den kürzeren Weg dichter unter Land. Die Dünung wird wesendlich höher aber auch länger. Jetzt fühle ich mich in meiner 27 Fuß Nussschale wie ein Weltumsegler. Spät Abends passiere ich die Felseninsel Susac. Südostwind mit 5-6Bf...die ganze Adria drückt dich mir entgegen.
Schätze die Wellen auf über 3 Meter aber es macht Spaß. Die gute alte "VirginWood"
senkt und hebt sich wie ein Fahrstuhl. Ich sitze trotzdem trocken in der Plicht. Auf der
Ostsee bin ich bei 1,5m Welle schon quitsche nass !

Nach 16 Stunden erreiche ich endlich Palagruza. Auf der Südseite gibt es eine Bucht, die
etwas Schutz bietet. Es stürmt immer noch ganz schön aber ich bin so müde, das ich sofort
einschlafe.
Einige Stunden später schwimme ich an Land und erkunde die Insel. Ein steiler Pfad führt
zum Leuchtturm hinauf. Keine Menschenseele hier...aber 1 Million Heuschrecken und eben
so viele Möwen.
Früh morgens nehme ich den Anker auf und bringe das Boot auf Kurs Richtung Lastovo.
Es werden wieder viele Stunden auf "hoher" See werden aber ich freue mich drauf. Mir macht es mehr Spaß als Inselhüpfen.

In Pasadur auf Lastovo mache ich spät abends auf Einladung eines winkenden freundlichen
alten Mann vor einem kleinen Haus mit Steg fest. Nur 20 cm unterm Kiel noch aber er meint,
das Wasser steigt. Mit seiner Familie verbringe ich einen wunderschönen geselligen Abend.


9.Juli 2002

Pasadur auf Lastovo ist fast wie ein Binnensee. Ehemalige Militäranlagen trüben etwas den
Blick aber sonst sehr schön. Ich klettere etwas in den Bergen rum. In einer Taverne lerne
ich eine Crew aus Österreich kennen. 7 Männer die schon seit 20 Jahren jedes Jahr zusammen
segeln. Sonst sehen sie sich nie. Eine sehr sympathisch und lustige Truppe. Wir verabreden
uns am Abend zum Bier auf der "VirginWood". Bis weit nach Mitternacht sitzen wir auf der
Pier und erzählen uns von Seeungeheuern und Meerjungfrauen.
Daran, das ich sie in ein paar Tagen in einer dramatischen Situation wieder treffen sollte
hätte ich nie gedacht. Aber dazu später mehr.


10.Juli 2002

Nun muß es aber mal wieder auf See gehen. Mljet soll sehr schön sein also nicht wie hin
dort. Mit bis zu 6,8kn über Grund rausche ich durch die Adria. 4 Bf, Genua und Groß,
bestes Segelwetter. In Poface auf Mljet will ich ankern. Gegen 18:00 Uhr erreiche ich
auch die Bucht kann allerdings nicht viel vom Wasser sehen. Über 40!!! Yachten ankern hier
Es würde fast genügen, wenn ich mich einfach zwischen 2 einklemme. Dann entdecke ich aber direkt vor einem kleinen Fischrestaurant eine Lücke von knapp meiner Bootsbreite. Also
Fender raus und langsam rein. Diesmal mache ich sogar einen Vorwärtsanleger um die
Keilform des Bugs auszunutzen! Mit etwas Schub klappt es auch. Keiner der Nachbarn verliert ein Wort.
Liegt es wohl an meinem ziemlich unrasierten Gesichtsausdruck oder am Eindruck
des Bootes, welches auch gerade Nonstop von Galapagos gekommen sein könnte. Ich muß
wirklich mal wieder "klarschiff" machen!!!
Während sich nachts die Bucht in eine Lichterstadt verwandelt trinke ich mit meinen
neugierig gewordenen Nachbarn noch einen Wein. Schlafen können wir jetzt eh nicht weil
mindestens 3 Schlauchboote immer gleichzeitig die Ankerlieger mit den diversen Bars
verbinden.


11.Juli 2002

Durch den Mljetski Kanal geht es weiter auf südlichen Kurs. 4 Bf, achterlicher Wind.
Was kann es schöneres geben. Der Autopilot steuert und durch 2 ausgebaumte Genua's
habe ich schön Schatten auf dem Vorschiff. Es ist auch wieder mächtig heiß geworden
hier im Süden. Ich liege faul rum, lese und träume.

In Lopad finde ich einen der sehr seltenen Sandstrände. Deshalb ist es aber auch sehr
voll. Es gibt sogar eine Strandbar mit "Kaltgetränken". Obwohl ich nun schon 1 Monat
keine Cola mehr getrunken habe bleibe ich hart und bestelle mir ein Bier!
Gegen Abend verlassen immer mehr Boote die Bucht und Nachts sind wir dann nur noch 3.
8 Meilen weiter ist schon Dubrovnik und dort werden sie alle Ihren Platz haben.


12.Juli 2002

Ich fahre unter Motor den Fluss hinauf zur ACI Marina Dubrovnik. Eine ernorme Hitze
hier aber der Hafen soll einen Süßwasserpool haben. Da will ich rein!
Abends sitze ich an der Poolbar und zu meiner großen Freude treffe ich die Österreicher
wieder. Sie müssen morgen Heim fliegen und wollen natürlich noch einmal kräftig feiern.
Gegen 23:00 Uhr in der besten Stimmung plötzlich ein fürchteinflössendes Geschreie. Am
anderen Ende des Pools sehe ich Kinder hektisch winkend. Walter, in Österreich ein
Rettungswagenfahrer, springt sofort auf und rennt hin.
Durch Zufall haben die spielenden Kinder auf dem Grund des Pools eine leblose Person
gesehen. Noch bevor Walter dort war, hatten die Jungs den Mann aus dem Wasser gezogen.

Für so 10 bis 12 jährige eine beachtliche Leistung...Hut ab !

Und dann hatte der Mann noch Glück, das Walter da war. Er hat ihn am Beckenrand
reanimiert. Es hat wohl so eine Minute gedauert aber mir kam es wie eine Ewigkeit vor.
Noch bevor der Notarzt aus Dubrovnik kam, war der Mann wieder bei Bewusstsein wurde aber dann ins Krankenhaus gebracht. Da Walter ja man nächsten Morgen abgereist ist, wird der Gerettete wohl nie erfahren, wem er sein Leben zu verdanken hat.


13./14.Juli 2003

Nach einer Kamikaze-Busfahrt über die enge Küstenstrasse nach Dubrovnik feiere ich erst mal meinen 2. Geburtstag!!! Oder fahren die Busfahrer dort mit Radar?
Bei glühender Mittagshitze schleppe ich mich die Hunderttausend Treppenstufen auf die
Stadtmauer rauf...toll...Fotoapparat vergessen.
Obwohl hier alles nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde kann man die Spuren noch ganz klar erkennen. Es macht einen etwas nachdenklich.

Abends zurück im Hafen sorgt "Mr.Neureich" neben mir mit seiner "bezahlten" Begleitung
für etwas Abwechslung. Warum kommt sie nicht zu mir aufs Boot? Ich hätte sie verwöhnt
und nicht verdröhnt !
Ich schlafe ein und ahne noch nicht, das ich in der nächsten Nacht verzweifelt ums Boot kämpfen muß.

15.Juli 2002

Zurück den Fluss runter erreiche ich wieder die Adria. Jetzt schaue ich mir noch mal
Dubrovnik von der Seeseite aus an. Es ist schon eine tolle Stadt. Ich erkenne das
Hotel wieder, in dem ich lange vor dem Krieg mal Silvester gefeiert habe. Sieht aber
jetzt verkommen und verlassen aus. Direkt vorm Altstadthafen liegt ein großes
Kreuzfahrtschiff. Nachdem ich es zwei mal umrundet habe, 1000 mal zurück gewunken hab
und wohl annähernd genauso oft fotografiert wurde, segele ich wieder in Richtung
Lopud, die Ankerbucht mit dem tollen Sandstrand. Der Seegang ist unglaublich. Die
nach Südost offene Bucht bietet kaum Schutz aber nach 3 Tagen Flussfahrt will ich mal
wieder richtig durchgeschaukelt werden. Mein 18kg Anker ist für das knapp 3t Boot
mehr als ausreichend.
Selbst als alle anderen Boote die Bucht verlassen mache ich mir noch keine Sorgen. Heute werde ich aber in der Plicht schlafen, damit ich doch schneller mal peilen kann. Gegen 22:00 Uhr fange ich an, meinen Entschluss zu bereuen.

An Schlaf ist nicht zu denken denn der Seegang nimmt ständig zu. Ich mache mir keine
Sorgen, das der Anker nicht hält sondern eher, das mir die Kette die Klampe ausreißt.
Gegen Mitternacht fliege ich dann laut fluchend von meiner provisorischen Koje in der
Plicht. Jetzt muß ich hier raus...die Brandung direkt hinter mir macht mir ernsthafte
Sorgen. Ich setze die Sturmfock damit sich das Schiff etwas stabilisiert. Jetzt muß
Gustav, mein Autopilot zeigen was er kann. Maschine langsam voraus, schnell aufs
Vorschiff gesprintet, Lifebelt eingepickt und die Kette eingeholt. Was hab ich mir
ne elektrische Winde mit Fernbedienung vom Cockpit aus gewünscht! In diesen Minuten
habe ich mehr geflucht als in dem ganzen Monat davor. Den Meter Kette, den ich gerade
mühevoll eingeholt hatte, zog mir in der nächsten Welle die See wieder durch die
Hände zurück. Als ich nahezu direkt über dem Anker war, belegte ich sie, rannte zurück
ins Cockpit und gab Vollgas. Mir egal ob der Anker nicht loskommt, soll er doch die
Klampe rausreißen...ich will hier nur raus. Der Anker dachte aber nicht dran, in Lopud
zu bleiben und als ich endlich merkte, das ich Fahrt voraus machte konnte ich ihn auch
ganz auf holen. Völlig entkräftet sitze ich wieder in der Plicht und steuere in die
Richtung, wo ich die offene See vermute. Jede Welle der mittlerweile mächtigen
Brandung kommt jetzt mit einem großen Hellau über den Bugkorb bis in die Plicht geflogen.

Der Wind und das Meer sind so laut, das ich nicht mal höre, wie sich mein gesamter
Inventare im Boot selbstständig macht. Ich denke nur an die Felsen an Backbord und
Steuerbord und an die Untiefe direkt voraus. Ich kann die Pinne nicht mehr loslassen
weil Gustav nicht mehr klarkommt. Keine Chance zum GPS zu rennen, viel zu eng hier.
Ich hatte zwar vorher nach dem Kurs geschaut aber ob ich noch da bin, wo ich sein
müsste weiß niemand. Erst als an Backbordseite Lichter vom Festland auftauchten wusste
ich, das ich weit genug draußen war und die Untiefe wohl hinter mir liegen muß.
Nach einer halben Stunde wird die See ruhiger weil ich die Landabdeckung von Kolucep
erreicht habe. Mitten im Hafenbecken schmeiße ich den Anker, reiße mir ein Bier auf
und sage mir:"Jörch...Schwein gehabt!"
Als es hell wurde sah ich die Spuren der Nacht. Verbogener Bugkorb, ein vom Anker
zerkratzter Bug, diverser Bruch an Lampen und Flaschen im Boot, in Rotwein schwimmende
Nudeln und Kekse...was für ne Sauerei!!!


16.Juli 2002

Die See hat sich beruhigt und ich laufe wieder Richtung Norden. Ich will zum Restaurant
Maran in Okuklje. Habe schon viel davon gehört und will es jetzt mal selbst testen.
Die Bucht mit dem kleinen Dorf ist wunderschön aber vor'm "Maran" liegen mächtig viele
Yachten der Größe "nicht unter 40 Fuß". Vorurteilhaft denke ich mir, das es zu teuer für
mich ist und da ich schon einige Wochen unterwegs bin, und es auch noch einige werden
sollen, lege ich gegenüber an einer winzigen Pier an. 1,5m Tiefgang zahlen sich wieder
aus. Ein älterer Herr begrüßt mich freundlich und fragt, ob ich Abends bei ihm essen
möchte. Ja gerne aber wo??? Ich sehe nichts was nach einem Restaurant aussieht. 20:00
Uhr wird abgemacht und ich will mich überraschen lassen.
Am Spätnachmittag sehe ich, wie er seine Garage ausräumt und einen Tisch aufstellt. Die
vielen Treppen von seiner Garage zum Haus scheinen dem Herrn weit über 70 nichts aus
zu machen.
Abends bekomme ich das beste Essen von meiner ganzen Reise. Eine Fischplatte die für
ne 4er Crew gereicht hätte. Allein von den Kartoffeln wäre ich eine Woche satt geworden.
Selbstgemachter Wein und jede Menge Grappa aus Wassergläsern rundeten diesen
kulinarischen Höhepunkt ab. Nach dem Essen sitze ich dann noch mit ihm, seiner Frau und
Babä und Gruff, 2 Nachbarn, lange auf der Pier. Ich glaube ich erlebe hier gerade mehr
als die Crew's im "Maran".


17.Juli 2002

Babä und Gruff rudern durch die Bucht raus zum Fischen. Ich bleibe heute noch hier und
wandere etwas durch die Berge. Abends sitzen wir dann wieder alle zusammen und reden
über Gott und die Welt. Die 3 alten Herren singen melancholische Lieder wo man beim
Zuhören einen Kloß im Hals bekommen kann. Ich verstehe zwar nix aber das es traurige
Texte sind begreift man.


18.Juli 2002

Vor dem Ablegen kommt eine alte Frau durch die Bucht gerudert. Sie hat 5 Brötchen im
Boot und versucht mir, eins davon zu verkaufen. Ich nehme sie alle und gebe ihr ein
Trinkgeld was den Wert der Brötchen weit überschreitet. Es macht mich froh und traurig
die Frau jetzt so glücklich zu sehen. Ein ganz komisches Gefühl.
Bevor Babä und Gruff meine Leinen losschmeißen, schenken sie mir noch einen dicken Fisch.
Jetzt aber keine Sentimentalitäten...doch als sie winken und winken und winken bis ich
am Horizont verschwunden war, hatte ich Freudentränen in den Augen. War das schön hier
und toll das es solche Menschen gibt.
Ich segele mit einem kurzen Badezwischenstop bis Trstenik durch. Wieder ordentlich
Seegang aber unter Genua komme ich gut voran. Um Hafengeld zu sparen, ankere ich direkt
vorm Strand. Wer hier mal ist sollte im Restaurant "Felix" die Pizza probieren...ein
Traum! .


19.Juli 2002

Gewitter auf dem Weg nach Korcula. Jedes mal, wenn ich auf See ein solches Naturschauspiel
sehe wundere ich mich, das der Blitz mich nicht trifft. Faszination und Angst lassen
meinen Bauch kribbeln. Kurz vor der Hafeneinfahrt schüttet es dermaßen, das ich fast
umgedreht wäre. Sicht gleich null. Aber die freundlichen Mooringmänner trillerten mit
ihren Pfeifen bis ich sie gefunden habe. Ich bin eh total nass also laufe ich durch den
Regen durch die schöne Altstadt. Lohnt wirklich und bei diesem Wetter sind auch nur wenige
Mensche auf den Strassen. Auf den großen Pflastersteinen fließen regelrechte Sturzbäche
durch die engen Gassen.
Gegen Abend ist auch die Sonne wieder da und ich versuche mich mit ein paar kleinen Jungs auf der Pier beim Wettangeln.
Das Meer war hungriger als ich denn es fraß gleich 2 von meinen Haken und mein Lieblingsmesser, mit dem ich den zu erwartenden Fisch an die Schuppen wollte.

Was soll ich sagen...es gab mal wieder Nudeln!


20.Juli 2002

Kreuzen, Kreuzen, Kreuzen...toller Wind aber muß er ausgerechnet von dort kommen, wo ich hin will???
Eigentlich wollte ich bis Hvar in den Stadthafen aber nun bleibe ich in einer
nicht besonders schönen Bucht 20sm südlich des Hafens. Hier muß eine illegale Müllkippe
sein. Man wundert sich schon wie weit Menschen fahren um ihren Müll der Natur zu
überlassen. Beim Landgang durch die üppige Vegetation zerkratze ich mir an einem
Brombeerstrauch meinen so schönen braunen Körper. Wären die Dornen nicht so scharf
gewesen, hätte ich bestimmt die Steine geküsst. So aber hing ich 20 cm über dem Boden in
diesem Strauch. Gut das es keiner gesehen hat!


21.Juli 2002

Oh Wunder...mein Telefon klingelt. Eine befreundete Familien aus Deutschland haben
kurzfristig einen Kroatienurlaub gebucht. Eine Haus in Hvar...ob ich auch in der Nähe
wäre? Klar bin ich das...also treffen wir uns in 2 Tagen dort. Schnell gebe ich noch eine
Bestellung durch: ICH WILL ERBSENSUPPE VOM ALDI!
Da sie jetzt erst in Deutschland los fahren beschließe ich, noch einen Zwischenstop auf
Scedro einzulegen. Auf der Landseite gibt es eine tiefe Bucht, die sich in 3 weitere
aufteilt. In jeder ist ein kleines Lokal, sonst gibt es hier nichts. In einer dieser
mache ich an einer Boje fest. Unter einem Schilfdach in meiner Taverne trinke ich voller
Genuss ein kühles Bier. Nur der Stromgenerator ist lauter als mein "Glucksen". Dann kommt
Rudi zu mir an den Tisch. Ein Österreicher Mitte 50 der schon seit 20 Jahren durch die
Adria segelt. Sein Boot, eine alte Neptun sieht noch abenteuerlicher aus als die gute
"VirginWood". Selbst zu Kriegszeiten war er hier. Rudi ist ein alter Haudegen. Er schimpft
über alles. Seinen Wortschatz würde ich als "rustikal" bezeichnen. Ich war ihm aber
sympathisch weil ich nicht wie die meisten hier eine Woche nobel durch die Gegend schippere sondern so wie er Monate auf eigenem Kiel einsame Buchten suche. Er überschüttete mich mit guten Tips: Wo kann man umsonst duschen? Wo umsonst Wasser und Strom tanken?
Wo ist der Wein am günstigsten und welcher Wirt gibt auch mal einen aus? Rudi weiß das alles!

Durch Alkohol und vollgesülzte Ohren leicht benebelt beschließe ich, zum Boot zurück
zu rudern. Rudi bleibt noch da er vermutet, das auch dieser Wirt noch ne Runde schmeißen
wird. Kurz vor'm dunkel werden treibt Rudi in seinem knapp 2m Badeboot an mir vorbei.
Als ich ihm rüber rufe, das er an seiner Boje schon vorbei ist erwidert er nur: "Der
Wind ist günstig...ich treibe genau rüber in die andere Bar!"
Gegen Mitternacht höre ich in ganz langsam zurück kommen. Natürlich kommt er noch auf ein weiteres Schlückchen zu mir rauf.
Er lallte aber nur noch was von "alles Arschlöcher" und weitere mir nicht bekannten Ausdrücken. Amüsant fand ich dann noch seine Einlage an der Reeling. Schimpfend pinkelte er in die See...meinte er...ich konnte aber sein Schlauchboot dort erkennen und es hörte sich auch nicht so an, als ob er es nicht getroffen hätte!


22./23.Juli 2002

Ich erreiche den Hafen von Hvar. Hier ist die Hölle los. Ich schmeiße meinen Anker mitten
im Hafenbecken wie auch viele andere Boote auch. Pedro und Jochen müssten jetzt auch hier sein...ob sie mich finden werden?

Aber wenig später entdecke ich an Land eine "winkende Alditüte". DAS MUß MEINE
ERBSENSUPPE SEIN!" Ich rudere schnell rüber und hole Pedro, Jochen und meine Erbsensuppe ab. Riesige Begrüßung! Sie haben mir 5 Dosen inklusive der dazugehörigen Bockwürste mitgebracht.
Die nächsten Tage werde ich mit ihnen etwas rumsegeln damit sie der Hölle
Hvar entkommen. So voll hab ich selten eine Stadt gesehen.


24.Juli 2002

Ich setze meine Freunde in Hvar ab und segele rüber nach Palmizana. Das Wetter verschlechtert sich wieder. Morgen früh will ich schnell los bevor ich hier noch länger fest hänge.
Ich will nach Vis. Dort werde ich wieder aufregendes erleben.


25.Juli 2002

Der Weg nach Vis geht wieder weit über's offene Wasser. Im Viski Kanal gibt es keinen
Schutz mehr. Keine Insel ist vorgelagert und könnte die Wellen etwas beruhigen. Mühsam
kämpfe ich Meile um Meile. Ich ahne noch nicht, das mit dieser Wetterverschlechterung
sich einiges ändern wird. In Deutschland regnet es in Strömen und auch hier zeigt sich
die Sonne ab jetzt seltener und seltener. Heftige Gewitter und Starkwindtage stehen mir
noch bevor. Die Ankerbucht auf Vis läßt mich auch nicht zur Ruhe kommen. Obwohl eigentlich gut geschützt nervt mich die Nacht ein tierischer Schwell. Was nicht festgezurrt ist,
fliegt durch den Salon.


26.Juli 2002

Sturm...mit 2.Reff im Groß und Sturmfock kämpft sich die "VirginWood" Richtung Komiza.
Ich könnte laut Karte die Durchfahrt zwischen Vis und Barjaci nehmen aber bei diesem
Wetter zu gefährlich. Also noch ein paar Meilen weiter und dann endlich in den Hafen.
Komiza ist eine urgemütliche Stadt, hier werde ich den Sturm abwarten.


27./28./29.Juli 2002

Der Wind gibt alles...8 Bf. in der Spitze noch mehr. Selten im Sommer hier aber dies
ist ja in ganz Europa kein normaler mehr. In Deutschland kämpft man schon gegen das
Hochwasser...und das im Hochsommer!
Ich sitze an der Pier und angele mal wieder. Noch nie hab ich einen Fisch gefangen aber
heute sollte der Tag kommen. Gelangweilt zog ich meine Schnur wieder hoch um den
ständig nur abgefressenen Köder zu erneuern. ICH HAB EINEN FISCH DRAN !!!! Er hat nicht angebissen, der Haken hing in seinem Bauch. Entweder hab ich ihn durch Zufall beim
hochziehen erwischt oder es war ein Suizidversuch. Ich war völlig hektisch denn der
arme Kerl zappelte noch und er tat mir unendlich leid. Durch meinen Versuch den kleinen
zu retten aufmerksam geworden kam Silvio zu mir. Er ist Fischer und sein verrosteter
Trawler liegt direkt neben der "VirginWood". Er stach noch mal tief in meine Verletzte
Seele indem er meinte, das es in ganz Kroatien kein so kleines Messer gäbe, womit man
das Fischlein von seinem Leid erlösen könnte! Lachend riss er FreeWilly vom Haken und
schmiss ihn in hohen Bogen ins Hafenbecken. Zum Trost lud er mich auf einen Grappa auf
seiner "Orca" ein. Nach dem vierten oder fünften Schnaps aus Wassergläser war es mir
dann auch egal, das überall auf seinem Fischkutter plattgetretene Köderfischköppe
rumlagen. Abends kommen noch 4 Freunde von ihm an Bord und wir veranstalten eine
megamäßige Party. Mit 2 Gitarren und meinem Schifferklavier lenken wir die gesamte
Aufmerksamkeit der anderen Yachties auf den alten Fischtrawler.

Irgendwann in der Nacht beschließt Silvio dann, mit mir zum Fischen zu fahren. Ich
sollte mal sehen, wie das geht und wie Fische auszusehen haben. Ich bin begeistert,
schließlich bekommt man nicht oft die Gelegenheit, so etwas mitmachen zu dürfen.
Sein Boot hat in etwa die Größe des Trawlers aus dem Film "Der Sturm". Nur durch die
fehlende Farbe wirkte es 100 Jahre älter. Wir werden ganz schön durchgeschaukelt aber
hier wird man wenigstens nicht nass. Die 1. Mahlzeit an Bord besteht aus Fleisch.
Fischer essen niemals am 1. Tag Fisch erzählt er mir. Erst Fleisch und dann erst das,
was man fängt. Leider kommt es dazu nicht mehr weil eine Keilriemen reißt. Dummerweise
hatte der was mit der Hydraulik fürs Schleppgeschirr zutun. Silvio versucht noch
stundenlang was zu basteln muß aber dann doch aufgeben. Völlig enttäuscht steuert er
die "Orca" zurück nach Komiza. Aber auch seine Erzählungen von Tagen auf See ziehen mich in seinen Bann.

Da ist der große Hai vor Vis den er schon öfter gesehen hat und ihn
unbedingt fangen will. Einen handgroßen Haken hat er ihm schon abgebissen. Wenn er es
einmal schaffen sollte, schickt er mir einen Zahn, versprochen.


30.Juli 2002

Mein Landanschlußadapter ist geklaut !!! Und ich hab es nicht bemerkt. Gerade noch so
springt der alte Diesel an. Jetzt kann ich auf der Überfahrt nach Primosten den lauten
Jockel mitlaufen lassen...Mist. Nicht ganz ungefährlich weil ich doch mächtig Lage schiebe.
Hoffe er bekommt genug Schmierung. Alles geht gut und ich bin froh, das die Batterie
wieder voll ist. Primosten ist so voll das ich ankern muß. Wir liegen mit 6 oder 7 Booten
parallel zum Strand. Eine 36er Charteryacht mit 4 Mann Besatzung dreht unsicher einige
Runden zwischen uns Ankerliegern. Dann fährt sie direkt vor mir einen Aufschießer, lässt
den Anker fallen und treibt zurück zu mir. Der Skipper schaut mich an als wollte er
sagen: "Junge fahr da weg...das passt sonst nicht" 3 Meter vor meinem Bug stoppt er.

"Jau...alles klar" höre ich ihn zu seiner Crew rufen. Mal ganz abgesehen davon, das
sein Anker genau auf meinem liegen müsste beunruhigte mich auch die schwarze Gewitterfront die schon wieder näher kam. Freundlich aber mit etwas lächerlichen Unterton frage ich ihn, ob er da so liegen bleiben wolle. "Nur bis morgen Früh" war seine Antwort! Nachdem ich ihn auf die Gewitterfront hingewiesen hab, und auch noch ein paar Grundlagen zum Ankern erklärt habe, rief er seine Crew wieder auf Gefechtsstation und versuchte sein Glück erneut...direkt vorm Bug einer schönen italienischen Holzyacht. Da diese sein Manöver bei mir auch schon beobachtet hatten, versuchten sie es ihm wild beschimpfend noch mal zu erklären. Sein Anker ging nun zum 2. Mal auf. Hafenkino pur !!!


31.Juli 2002

Immer wieder Regen und Gewitter. Ich bleibe noch eine Nacht vor Anker und bummel durch
Primosten. Wirklich schön das Städchen aber sehr touristisch. Genauso wie man auf den
Kanaren billige nachgemachte HiFi Geräte kaufen kann ist das hier mit Parfüm. Ich brauche
nix...stinke zwar aber es riecht ja keiner.


1.August 2002

Ich brauche mal wieder Einsamkeit ohne Läden, also raus auf See. Tatsächlich zeigt sich
heute mal wieder die Sonne. Auf dem Weg in die Ankerbucht Kakan ist aufmerksame Navigation
gefragt. Viele kleine Felsen ragen aus dem Wasser. Miniinseln voll mit Seevögeln. Hier
wollte ich eigentlich auf der Hinfahrt schon lang bin dann aber aufgrund des starken Windes
nach Tisno ausgewichen. Die Ankerbucht Kakan ist schön. Sandiger Grund auf dem man sogar Seesterne entdecken kann. Es gibt viele Bojen die aber alle belegt sind. Kopfschüttelnd muß ich feststellen, dass an 3 Bojen nur kleine Schlauchboote hängen. Klar, die Crew macht einen schönen Törn um die Inseln und reservieren sich so die Boje für die Nacht. So muß es auch in Spanien sein wenn die Leute um 06:00 Uhr morgens ihre Handtücher auf die Liegen legen. Was brauch ich ne Boje...ich kann ankern. Mir fällt wieder die 4-Mann Crew von Primosten ein...ob ihr eins dieser Schlauchboote gehört?
Nachdem die "VirginWood" eine feste Verbindung mit dem Meeresgrund eingegangen ist, gehe ich etwas schnorcheln. Zum Abendessen öffne ich mir eine dieser leckeren Dosen voller Erbsensuppe aus dem Aldi. Wie praktisch die Backschaft doch auf See ist. Badeleiter runter und den Topf kräftig durch's Wasser gezogen.
Sauber ist er jetzt...sauber auf Grund!

Ich Trottel lasse meinen einzigen großen Topf im Meer versinken!!!! Genau zwischen einer
glibberigen Seegurke und ein paar Muschelschalen sehe ich ihn blitzen. Mein Echolot zeigt
so ca. 4m an...eigentlich kein Problem aber für mich übergewichtigen fast 40-jährigen
Raucher ist es eine echte Herausforderung. Taucherbrille auf und los zum ersten Versuch.
Luft anhalten kann ich aber ich komme einfach nicht runter. Bestehen Teile meines Körpers
aus schwimmfähigen Material? Ich habe meinen Bauch in Verdacht. Das Problem löse ich mit dem Heckanker. Leine an der Klampe belegt springe ich mit dem 8kg Brocken im Arm über die Reeling und erreiche so in kürzester Zeit den 4m unter mir liegenden Topf. Gerettet...!
Da ich mich nun selbst loben möchte, suche ich nach einem leckeren Wein in den Backskisten.

Der Supergau!!!! Nix mehr da ! Meine Laune verschlechtert sich in Bruchteilen von Sekunden.
Wie soll ich heute Abend den herrlichen Sonnenuntergang beobachten ohne ein Glas Wein in der Hand zu halten?
Aber der Mensch braucht auch mal etwas Glück was mir in der Form eines Bootes am Ende
der Bucht erschien. Da ruderte doch jemand von Schiff zu Schiff. Kassierer oder schwimmender Händler? Kassierer haben Motorboote also wird er schon Schnaps verkaufen. Ich winke ihm heftig zu immer mit der Angst im Nacken, er könnte ausverkauft sein bevor er mich erreicht.
Als er dann längsseits kam sah ich mit großen Schrecken seine Fracht. OBST UND GEMÜSE !!!
Ich bin satt...ICH HAB DURST! Noch bevor ich was sagen konnte hat er wohl die Situation
erkannt und wühlt aus einer Kiste eine Wasserflasche gefüllt mit etwas rötlichem, was
durchaus Wein sein konnte. DIE NEHM ICH! Recht teuer überlässt er mir das so wichtige nasse Nahrungsmittel. Sieht aus wie Rotwein, schmeckt wie Essigwasser...er hat mich über den Tisch gezogen. Ich hab alles versucht...ich kriege das Zeug nicht runter...Pech gehabt.



2./3.August 2002

Durch das Murter Meer segel ich Richtung Sali mit einem Zwischenstop in einer Bucht auf Zut.
Im Logbuch steht nur: "Nix besonderes hier" und "schöner Hafen" Ich erinnere mich auch
nicht mehr richtig also wird dort echt nicht viel gewesen sein. In Sali hab ich glaube ich
ein Straciatella-Eis gegessen aber das Interessiert euch bestimmt nicht so! Eine Musikkneipe
gibt es noch direkt an der Pier die super Musik gespielt haben. Stones und Pink Floyd.


4.August 2002

Ich gehe nochmal auf Südkurs weil ich zum Salzsee zwischen Kornat und Dugi otok will. Eine enge Durchfahrt markiert die Grenze zum Nationalpark. Na hier ist was los...jede Menge Ausflugdampfer karren Hunderte von Touristen an diesen Ort. Noch bevor die Parkaufseher mit ihren Schnellbooten mich abkassieren können hab ich alles gesehen und verlasse diesen Ort des Grauens. Kurs Nord nach Brbinj auf Dugi otok. Abends sitze ich beim Grillteller in einem netten Lokal. Noch nicht ahnend das ich in 2 Tagen die schwersten Gewitter meines Lebens bewältigen muß.


5.August 2002

Ich segele bis Molat. Die Bucht zieht sich tief in die Insel rein. Ich kann ich sicher
ankern. Der Weg zum Land ist aber beschwerlich. Zahlreiche spitze Steine liegen kurz
vorm Strand. "titanische" Gefahr für mein Schlauchboot, welches eh nur noch wenige
Stunden ohne Sauerstoffinfusion aushält. Zwischen dem Wasser und dem Wald stehen viele
Obstbäume umringt von meterhohem Schilf. Nicht ganz einfach hier durch zu kommen aber
laut Karte ist die Insel hier nicht breit und ich kann schnell zu Fuß den Ort mit
Hafen auf der anderen Seite erreichen.
Es ist wirklich nicht weit allerdings steht in meiner Seekarte nicht, das die schmale
Landmasse zwischen Ankerbucht und dem Hafen Molat aus einem recht hohen Berg besteht!
Dieser und die mittlerweile unerträglich schwüle Luft sorgten dann auch dafür, das ich
mit mächtigen Durst einen Kiosk an der Pier erreiche. Der Rückweg ist nicht weniger
anstrengend da ich mich zwar für den Durst gewappnet hab, die 2 Plastiktüten voller
Dosenbier nun aber auch schleppen muß!


6.August 2002

Von Molat bis Olib sind es nur 12 Meilen. Um 14:00 Uhr mache ich an einer Boje fest.
Ich wäre gern in den Hafen rein aber die wenigen Plätze sind belegt. Also wieder
Schlauchboot nachpumpen und an Land paddeln. Es sieht düster aus...nicht Olib sondern
am Himmel. Direkt am Hafen gibt es ein kleines Lokal mit Dachterrasse. Ich sitze dort
und beobachte das Treiben auf den Booten und den jetzt tief schwarz werdenden Himmel.
Ein 40-Fuß Katamaran läuft aus und hält genau auf die sich schnell nähernde Gewitter-
Front zu. Schlechte Seemannschaft...so eilig kann man es nicht haben denn was da auf
uns zu kam, konnte jeder erkennen. Von dieser Dachterrasse kann ich Insel Silba sehen.
Wenige Minuten später sieht man allerdings den jetzt schon weit draußen segelnden Kat
in einer weißen Gischtfront verschwinden. Hektisches treiben der Wirtsleute, ernste
Gesichter...noch bevor sie die Tischdecken eingesammelt haben, fliegen uns die
Plastikstühle und Tische um die Ohren!
Mit ungeheuerlicher Gewalt bricht das Gewitter ein. Menschen rennen wie in einem Katastrophenfilm. Ich laufe die Treppe runter und will zu meinem Schlauchboot hin. Die schlagenden Masten im Hafen übertönen fast den Sturm und den Donner. Blitze zucken wie auf einer Pressekonferenz.
Nach 5 Metern bin ich nass bis auf die Haut. Mein Schlauchboot liegt relativ ruhig windgeschützt hinter der Kaimauer. Ich schmeiße noch 2 große Steine rein und tüddel es noch etwas mehr fest.
Von der "VirginWood" ist nichts zu sehen. Zu stark nimmt mir der Regen die Sicht. Jetzt
bekomme ich es auch etwas mit der Angst und renne zum Lokal zurück. Ein kleiner

Wharam Kat schmeißt hilflos mitten im Hafenbecken seinen Anker. Eine Scheibe klirrt
und das Strohdach der Taverne verabschiedet sich mit großem Tempo im hohen Bogen
landeinwärts. Nach 30 Minuten ist der Spuck vorbei. Im Hafen suchen die Skipper nach
Schäden an ihren Booten. Ich sehe meine "VirginWood" auch wieder...friedlich dümpelt
sie an der Boje rum.
Ein paar Kratzer vom Bojenring aber sonst nichts passiert. In dem kleinen Supermarkt komme ich mit dem Verkäufer ins Gespräch: "Das war noch nix" betont er immer wieder, "heute Nacht wird es schlimmer". Als er hörte, das ich nicht im Hafen liege sondern an der Boje fest war gab er mir zu verstehen, das ich den sichersten Platz für die Nacht hätte. Im Hafen schlagen die Boote zusammen, an meiner Plastikhalterung passiert nichts, nur genügend Leine geben.

Ich verlängere also den Festmacher von ca. 4 m auf das doppelte und harre der Dinge die da kommen.

Gegen 22:00 Uhr geht es dann auch wieder richtig los. Niemals zuvor habe ich so viele
Blitze gesehen...ein ständiges Flackern wie in einer Großraumdisco. Der Regen prasselt
so lautstark auf das Deck, das der Donner nicht mehr zu hören ist. Im Vorschiff steht
ein Eimer weil das Wasser durch die Luke drückt.

Durch das nicht ganz wasserdichte Steckschott kommen kleine Wasserfontänen hindurch. Mit einem Lappen sammele ich es und lasse es durch die Spüle wieder frei. Meine Stimmung ist noch recht gut weil ich es als kleines Abenteuer empfinde. Doch diese Stimmung schlägt schnell um als ich auf Kanal 16 das erste MAYDAY höre. Ich amüsiere mich hier während da draußen jemand um sein Leben kämpft! Da wird aus Spaß schnell ernst und man wird nachdenklich. Niemals vorher habe ich ein echtes Mayday gehört, nur immer diese Fehlalarme in der Ostsee, wenn jemand den DSC-Knopf versehendlich drückt...oder gar um auszuprobieren, ob er funktioniert.

Mit Herzklopfen sitze ich am Navitisch und verfolge den Funkverkehr.
Die Küstenwache hat das Mayday längst aufgefangen. Das schlimme in diesen Minuten konnte man anhand der Fragen und Antworten der Landfunkstelle erahnen. "We know your Mayday... who's the secound ship's calling Mayday?" Immer und immer wieder fragte die Stimme nach der Position des 2.Crew, die auch ein Mayday sendeten.
Irgendwann in den frühen Morgenstunden beruhigte sich das Wetter wieder und ich hab
dann noch etwas Schlaf bekommen...es war mehr ein dösen weil mir viele Gedanken durch
den Kopf gingen. Was wohl aus den Schiffbrüchigen geworden ist? Vielleicht auch gut so,
das man es nicht weiß.


7.August 2002

Ich räume auf und versuche die Sachen zu trocknen...kaum möglich weil es immer wieder
heftig regnet. Fast könnte man sagen, ich habe die Schnauze voll. Laut Wetterbericht
ändert sich nicht viel. Ich sehne mich zum 1.Mal nach meinem Sofa. Egal, da muß ich
durch, morgen geht es weiter Richtung Norden.


8.August 2002

Geweckt werde ich doch tatsächlich durch einen Sonnenstrahl, der durch die Vorschiffluke
funkelt. Endlich mal wieder Sonne! Aber verdächtig ruhig liegt die "VirginWood" Der Grund
liegt klar auf der Hand...FLAUTE!

Ist das die Ruhe vor dem nächsten Sturm oder hat das Wetter ein einsehen und kapiert, das
doch Sommer ist? Egal,...Hauptsache die Klamotten trocknen mal wieder. Alles nasse ist
auf dem Oberdeck verteilt. Ich sitze auf der Badeleiter während mein Boot langsam
Richtung Ilovik treibt. Für die 16 Meilen brauche ich mehr als 7 Std. Vor dem Hafen ist
ein riesiges Bojenfeld aber alle belegt. Ja jetzt im August ist es erheblich voller
geworden. Auch die Italiener haben jetzt Urlaub und nutzen die Kroatischen Inseln zur
Erholung. Ich finde eine Lücke am Steg, genau gegenüber einem 25m Polizeiboot. Die
Frage nach dem aktuellen Wetterbericht konnten sie mir leider nicht beantworten. Hier gibt
es aber wieder Strom, Wasser muß ich aus der Dorfquelle holen. Just in dem Moment, als ich mein Landanschlußkabel in den Stromkasten stecke, höre ich schon von weitem eine recht erregte Stimme rufen: "Du hast einen Kurzschluss verursacht! Nimm dein Kabel wieder raus"

Natürlich lasse ich mich nicht so anpflaumen und brülle zurück: "Quatsch, deine
Klimaanlage ist angesprungen und das kann das Kraftwerk hier nicht ab!" Seine Frau und
2 Töchter erscheinen jetzt zur Unterstützung des Familienernährers mit auf dem riesigen
Achterschiff. Alle 4 mit verschränkten Armen...ein Bild für die Götter! Sie sind mir nicht
so wohl gesinnt schmilzt doch gerade ihr Eis in der Tiefkühltruhe. "FamilyFat" hat das
größte Boot hier und das brauchen sie auch!

So knapp eine Stunde später grinst er mich noch mal schadensfroh an als er sieht, das ein
Uniformierter vom Polizeiboot zur "VirginWood" kommt. Mit lauter und bestimmender Stimme
ruft der Polizist mir vom Steg zu: "Mister,...your weatherforcast!" Genauso laut bedanke
ich mich bei ihm und nehme das Fax mit dem aktuellen Wetterbericht entgegen.
Als ich dann noch mit einer Nachbarcrew mit Mundharmonika und Schifferklavier den Abend
lustig gestalte, verschwindet "FamilyFat" im Keller ihrer Yacht. Warum sind die bloß mit
ihrem Leben so unzufrieden und bringen das ihren Töchtern auch schon bei?



9.August 2002

Wieder Gewitter und es regnet Bindfäden...so wie es auch im Wetterbericht stand. Was soll
man machen...ich gehe an Land und suche mir eine nette Bar. Dort lerne ich Jürgen und
Alexandra kennen. Sie sind mit ihren 2 Kindern auf einer wunderschönen 30 Fuß Yacht
unterwegs. Wir verstehen uns prima und trinken den Schlürschluck noch an Bord. Morgen
wollen wir eine kleine Regatta nach Veli Losinj veranstalten.


10.August 2002

Wind um 6 Bf. Die "Alessandra" holt mich nicht ein. Mein 1. Regattasieg. Ich sah mich
schon in Veli Losinj auf deren Kosten trinken aber der Hafen war bis auf den letzten qm
voll. Die See wird wieder mächtig rau und da seine Frau etwas Angst bekommt, weichen wir
in die Nachbarbucht zum Ankern aus. Wieder heftige Gewitter. Wir sitzen auf der
"Alessandra" und Kniffeln. Unsere beiden Boote liegen im Päckchen. Der Ankergrund ist tief
und schlecht. Mir ist nicht ganz wohl als ich mich hinlege.
Nachts um 2 dann wieder ein kräftiges Gewitter. Ich klettere aus meiner Koje um nach dem
rechten zu sehen. Jürgen ist auch schon in seiner Plicht. Wir reißen uns ein Bier auf und
halten Nachtwache. Wir reden über Gott und die Welt und so vergeht der Rest der Nacht
sehr schnell.


11.August 2002

Das Barometer fällt und fällt. Jürgen findet beim Tauchen eine alte Mooringleine. Sie
macht einen stabilen Eindruck und so beschließen wir, die Boote hierdran zu sichern.
Wir bleiben noch und wollen zu Fuß nach Veli Losinj. Eine urgemütliche kleine Stadt.
Nach einem hervorragendem Essen machen wir uns auf den Rückweg und kommen gerade noch vor dem nächsten Gewitter und Platzregen an Bord zurück.
Morgen wollen wir noch mal eine Regatta rüber nach Rab segeln. Wir werden von einem
Sturm und einem Maschinenschaden überrascht werden..


12. August 2002

Auf nach Rab! Die "VirginWood" zur Höchstform auf. Bei frischem achterlichen Wind
setze ich beide Genua's. Jürgen kämpft mit seiner Crew und seinem Spi. Seine
Familie läßt sich segeln so muß er auch alles allein machen. Er läuft direkten Kurs
auf Rab, ich halte etwas nördlicher so kann ich zusätzlich noch das Groß setzen.
Mit knapp 7kn rausche ich ihm davon. Ein Funkspruch läßt mich schmunzeln:
"Alessandra an VirginWood...benötigst du noch unsere Bettlaken?" 20 Meilen sind es
bis Rab...das schaffe ich.
Wind und Seegang nehmen wieder zu und es wird ungemütlich.
Mittlerweile habe ich ein Reff im Groß und die Genua's gegen eine Fock ausgetauscht.
Jürgen's bunter Spi ist auch schon lange nicht mehr zu sehen. 2-3 Meter Wellen
schütteln mich ganz schön durch. Die "Alessandra" hat Probleme. Über Funk erfahre ich,
das sie Maschine nicht anspringt. Jürgens Frau ist mit den Nerven am Ende. Sie wollen
nach Norden abdrehen und in der Bucht von Kampor ankern. Ohne Maschine bei dem Wetter traut er sich nicht in den Hafen.

Da aber dort eine Werkstatt ist schlage ich Jürgen vor, bis zur Hafeneinfahrt zu segeln und dann längsseits der "VirginWood" im Schlepp den sicheren Hafen zu erreichen. Gesagt, getan...nicht ganz einfach bei solch einem Wetter jemanden zu schleppen aber wir haben es geschafft.
Im Hafen durch lautes Tröten noch mal Platz geschaffen, dann hab ich die "Alessandra" direkt vor einer Volvowerkstatt abgegeben. Ich selbst habe gegenüber als 4. im Päckchen auch mein Plätzchen gefunden.
Abends wurde ich dann von der Crew zum Essen und diversen alkoholischen Getränken auf
deren schönen aber nun motorlosen Boot eingeladen. Natürlich gab es auch hier wieder
ein kräftiges Gewitter mit heftigem Regen. Jürgen wollte mich natürlich nach dieser
Rettungsaktion nicht zu Fuß ums ganze Hafenbecken zurück laufen lassen. Also rein
in sein Schlauchboot, den AB gestartet und durch wolkenbruchartigen nächtlichen Regen
quer durchs Hafenbecken zu "VirginWood". Auf halber Strecke war dann nun auch noch der
Sprit alle und so paddelten wir mit unseren Händen in alkoholischer Hochstimmung zum
anderen Ufer.
Der Abend war noch lange nicht zu Ende denn wir entdeckten noch eine Bar gleich neben
meinem Boot.


13.August 2002

Ich bleibe noch in Rab um mir die Stadt anzusehen. Jürgens kapitaler Motorschaden war
dann doch nur ein verstopfter Filter und so konnten sie ihre Reise fortsetzen.
Im Hafen gibt es einen kleinen Laden wo man nach Herzenslust Fisch und Schalentiere
kaufen kann. Ich entscheide mich für eine Riesenportion Langoustines und verspeise
sie dann unter Hunderten von neidischen Blicken in meiner Plicht.


14.August 2002

Heute erreiche ich Kampor, eine ruhige Urlauberbucht auf Rab. Absolut stilles Wasser
hier, ideal zum ankern. Mit dem Schlauchboot paddele ich zum Steg um in einer von mir
schon vom Boot aus gesichteten Bar ein kühles Blondes zu trinken. Auf dem Steg sitzen
ein paar Halbstarke und rauchen wohl ihre ersten Zigaretten. Als ich wieder zurück komme
sind sie schon weg. Die Bengels haben doch glatt die Luft aus meinem Schlauchboot
gelassen!!!! Schlaffer als die schlaffste Seegurke hängt mein grüner Fishhunter auf
dem Wasser. Ich ziehe meine Abendgarderobe bestehend aus einer Jeans und einem T-Shirt aus und schwimme mit dem Schlauchboot im Schlepp zurück an Bord.


15.August 2002

Am Morgen sehe ich das Ausmaß der nächtlichen Randale. Die Jungs haben ihre brennenden Kippen ins arme Schlauchboot geschnipst! Da ist nichts mehr zumachen.
Ich segele nach Punat, ein Binnensee mit einer schmalen Verbindung zum Meer. In der Marina will ich anlegen. Ein großes Schild weißt mir den Weg: "TRANSIT" Doch noch bevor ich meine Leinen in einer der zahlreichen freien Boxen belegen konnte scheuchte man mich
wieder weg. "Alles reserviert" So ein Quatsch...das glaube ich nie aber eventuell sah
ich ja auch so aus, als wollte ich seine Tochter verführen...oder mein mittlerweile
recht gelbliche Rumpf passte optisch nicht so gut in die schneeweiße Reihe. Egal...
dann dusche ich halt ohne zu bezahlen! Die Bucht eignet sich hervorragend zum Ankern.
2 Schiffslängen hinter dem letzten Steg blieb ich liegen und damit war für mich auch
die erstklassigen Duschen und Toiletten in ausreichender Nähe.


16./17./18.August 2002

Diese Tage verbringe ich wieder bei schönerem Wetter in Punat. Tagsüber etwas segeln bis
in den Stadthafen Krk, nachts ankern vor meinem geliebten Toilettenhaus.
Relaxen, Relaxen, Relaxen...


19./20.August 2002

Ich freue mich auf daheim. Eigentlich habe ich genug gesehen aber ich muß noch etwas Zeit schinden. Mein Zugfahrzeug kommt erst in ein paar Tagen. Das schlimme Wetter scheint vorbei zu sein. Ich segele bei schönstem Wetter bis zu einem Campingplatz bei Torkul auf Krk.
Eine schöne Bar im Schatten unter den Pinien zieht mich magisch an. Barbesuche
klappen jetzt nur noch mangels Schlauchboot tagsüber. Wer sieht schon gerne Abends in
der Kneipe einen halbnackten unrasierten Mann!!!


21.August 2002

Ich segele wieder Richtung Festland. Jetzt ist es nicht mehr weit. 20 Meilen fehlen mir
nur noch und ich bin zurück in Opatja. Es regnet wieder und die Sicht ist schlecht.
Sehe ich wenigstens nicht die hässlichen Industrieanlagen von Rijeka. 3 Meilen südlich
von Opatja laufe ich den Hafen von Lovran an. Hier bleibe ich heute Nacht...billiger als
die ACI Marina. Ich finde noch mal ein tolles Restaurant direkt am Wasser. Mit ein paar
Büchsen Bier bewaffnet schlendere ich zurück zur Pier. Ein paar sehr ominöse Gestalten
lungern um die "VirginWood" herum. Nicht mal ein "Hallo" kommt zurück. Da ich im
vorletzten Hafen nach so einer langen Zeit keine Lust mehr auf Aktion habe, schmeiße
ich die Leinen los und ankere 50m weiter mitten im Hafenbecken! Sollen sie doch rüber
schwimmen wenn sie was wollen!!!!


22.August 2002

Ich habe es geschafft! Erleichtert aber auch mit Wehmut sitze ich wieder an der Bar in
der ACI Marina Opatja. Das Wetter ist wieder genauso wie vor vielen Wochen...40 Grad!
Ich bleibe noch 3 Tage, lege den Mast, organisiere den Trailer und den Land Rover und
trinke noch einige von diesen leckeren Bieren.


25.August 2002

Mit der "VirginWood" auf dem Trailer kämpfe ich mich über die Alpen Richtung Ostsee.
War ein toller Törn!!!


1.September 2002

Ich sitze wieder im Büro Crying or Very sad







_________________
vor mir der Tag, hinter mir die Nacht, über mir der Himmel und unter mir das Wasser...was brauche ich mehr? Smile
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birgit
Steuermann


Anmeldungsdatum: 09.01.2006
Beiträge: 77
Wohnort: Wien

BeitragVerfasst am: 13.02.2006 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Dein Bericht klingt ja richtig verlockend. 80 Tage am Wasser, ein Traum für jede Wasserratte. Very Happy
Question Wohin und wann beginnt dein nächster Törn???

Bis bald und LG
Birgit
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Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Album
Alexander
Deckshand


Anmeldungsdatum: 31.01.2014
Beiträge: 8

BeitragVerfasst am: 31.01.2014 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

Einfach klasse! Bei super Wetter in einer so schönen Umgebung, das mache ich auch, wenn ich mal Rentner bin Wink
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windyboy
Landratte


Anmeldungsdatum: 11.02.2014
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 19.02.2014 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

Da hat sich jemand sehr viel Mühe bei der Pflege des Tagbuches gegeben. Bei solchen Berichten wird die Freude auf Kroatien nur noch verstärkt. Danke!
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nickk
Landratte


Anmeldungsdatum: 18.05.2014
Beiträge: 2
Wohnort: Germany

BeitragVerfasst am: 20.05.2014 14:57    Titel: Antworten mit Zitat

Echt klasse!
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kuno
Landratte


Anmeldungsdatum: 22.02.2018
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 09.03.2018 06:34    Titel: Antworten mit Zitat

Huhu,

zwar etwas älter der Bericht, fand ihn aber sehr interessant Smile
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ShationdM
Gast





BeitragVerfasst am: 23.08.2018 00:44    Titel: hi Antworten mit Zitat

Echt klasse!
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